Luftverkehrsbranche will weitere Milliarden vom Bund

Gibt der Bund der Luftverkehrsbranche weitere Milliarden? Verkehrsminister Scheuer und einige Verbände sind dafür, andere mahnen klimaverträgliche Auflagen an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 48 Kommentare lesen
Metalldetektor, Passagier

Teil der Sicherheitskontrolle am Flughafen München

(Bild: Usien CC BY-SA 3.0)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Unmittelbar vor dem geplanten Luftverkehrsgipfel der Bundesregierung hat die Branche weitere Milliardenhilfen vom Bund gefordert. Nach den Fluggesellschaften müssten nun die Flughäfen und die bundeseigene Deutsche Flugsicherung mit Steuergeldern saniert werden, verlangen Vertreter von Branchenverbänden, die an der für Freitag in Berlin geplanten Sitzung teilnehmen. Außerdem müssten Perspektiven für einen pandemie-sicheren Luftverkehr geschaffen werden. Gegen das von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) befürwortete Rettungspaket regt sich aber Widerstand.

"Es darf nicht zu irreparablen Strukturbrüchen kommen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Matthias von Randow, der dpa. "Wir stehen mit dem zweiten faktischen Lockdown vor dem Abbau von Arbeitsplätzen. Von rund 260.000 Arbeitsplätzen allein bei den deutschen Airlines und an den Flughäfen sind akut rund 60.000 bedroht." Die Unternehmen müssten sich wegen des Nachfrage-Einbruchs massiv verschulden. Das schwäche die Kraft für Investitionen, beispielsweise zur Digitalisierung oder für sparsamere neue Flugzeuge.

Die Politik müsse den Flughäfen als "wichtiges Zeichen und ersten Schritt" die Kosten erstatten, die im ersten Lockdown durch das Offenhalten der Infrastruktur entstanden seien, sagte Ralph Beisel vom Flughafenverband ADV. Es gehe bei diesen Vorhaltekosten um die Summe von 740 Millionen Euro, die vor allem kleinen und mittleren Flughäfen zugutekommen würde.

Gerade die kleineren Flughäfen standen allerdings schon vor der Corona-Pandemie oft nicht auf soliden finanziellen Füßen und mussten immer wieder bezuschusst oder gerettet werden.

Dementsprechend hagelt es auch Kritik vom Verkehrsclub VCD, der auf eine umweltverträgliche Mobilität achtet. Überkommene Strukturen dürften nicht mit Milliardenhilfen gestützt werden. "Statt Flughäfen weiter auszubauen und weitere Gelder in bereits vor der Pandemie unrentable Regionalflughäfen zu versenken, braucht es einen sozialverträglichen Umbau in Richtung des Umweltverbundes", kommentiert die VCD-Präsidentin Kerstin Haarmann. Neue bedingungslose Hilfen wie bei der Lufthansa dürfe es nicht mehr geben, sondern sie müssten an den Klimaschutz gekoppelt werden.

Unter anderem in Frankreich wurden staatliche Hilfen bereits an Umweltauflagen gekoppelt.

Ähnlich äußern sich die Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler und Daniela Wagner. "Unternehmen, denen der Staat in dieser Krise hilft, müssen klare Klimaauflagen erfüllen und überhaupt ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell haben, das mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist. Das ist bei vielen Regionalflughäfen nicht der Fall."

Laut dem ADV sollte allerdings auch überlegt werden, wie die Flughäfen dauerhaft von hoheitlichen Kosten entlastet werden könnten, die laut dem Verband in anderen europäischen Ländern vom Staat bezahlt würden.

Auch die Deutsche Flugsicherung GmbH will auf Hilfen drängen. Wegen der Gebührenausfälle könne die Deutsche Flugsicherung in Liquiditätsprobleme geraten. DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle hatte die Umsatzausfälle bis 2025 auf bis zu 2 Milliarden Euro beziffert. Trotz eines neuen Schuldscheindarlehens über 500 Millionen Euro und Sparmaßnahmen bleibe bei der Gesellschaft ein Hilfsbedarf, den der BDL auf 1,2 Milliarden Euro beziffert hat. Hier müsse der Bund als Eigentümer einspringen: "Sonst müssten beim zarten Wiederanlauf des Flugverkehrs unrealistisch hohe Gebühren erhoben werden, was von den Fluggesellschaften gar nicht zu stemmen wäre", meinte von Randow.

Flughafenbetreiber wie der Frankfurter Flughafenchef Stefan Schulte wünschen sich derweil einen anderen Umgang mit der Reisetätigkeit der Menschen. "Wir müssen einen Weg nach vorne finden, um wieder sicheres Fliegen anbieten zu können". Er forderte eine Schnelltest-Strategie, zu der auch bilaterale Verabredungen mit den USA notwendig seien.

Der BDL setzt sich zudem dafür ein, bei der Bewertung von Risikoländern nicht allein auf die Inzidenzzahlen zu schauen. Als zweites Kriterium müsste die Zahl der tatsächlich infiziert Einreisenden aus den jeweiligen Herkunftsländern miteinbezogen werden. "Das Einschlepp-Risiko konzentriert sich nach den inzwischen vorliegenden Daten auf eine sehr geringe Zahl von Ländern – und das sind nicht die klassischen Urlaubsländer", sagte von Randow.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

(kbe)