Massive Störungen im elektronischen Rechtsverkehr

Vermutlich infolge eines Updates ist das Portal „Mein-Justizpostfach“ der Bundesregierung seit mehreren Tagen nicht zugänglich.

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Von
  • Tim Gerber

Nutzer eines elektronischen Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) über das Portal „Mein Justizpostfach“ (MJP) des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) haben derzeit keinen Zugang zu ihrer Korrespondenz. Bei Aufruf der Startseite erscheint die Meldung, dass derzeit Wartungsarbeiten durchgeführt würden. Solche waren aber nicht angekündigt worden. Auch ist an dieser Stelle nicht angegeben, wann die Wartungsarbeiten abgeschlossen sein sollen.

Auf einer zum Portal der Bund-ID des Bundesinnenministeriums findet sich hingegen der Hinweis, dass es seit dem 19. August 2024 nachmittags technische Störungen bei der Nutzung des MJP gebe. Derzeit werde die Problematik analysiert und das MJP könne nicht genutzt werden. Es werde voraussichtlich wieder am späten Nachmittag des heutigen 22. August zur Verfügung stehen.

Über die Ende vergangenen Jahres eingeführten Postfächer des MJP können Bürger und privatrechtliche Organisationen wie Vereine und Unternehmen am elektronischen Rechtsverkehr mit Behörden, Gerichten, Rechtsanwälten und ähnlichen teilnehmen. Eine ausführliche Beschreibung über die Möglichkeiten für Private, am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen, findet sich im Artikel "Portofrei" aus c't Ausgabe 7/2024 auf Seite 158. Seit Anfang des Monats nimmt nun sogar das Bundesverfassungsgericht am bereits 2018 für sämtliche Gerichte, Behörden, Rechtsanwälte und andere verbindlichen elektronischen Rechtsverkehr teil.

Unter anderem können Behörden und Gerichte den Nutzern über das Postfach Entscheidungen zustellen und damit auch Fristen für eventuelle Rechtsmittel wirksam in Gang setzen. Für die Betroffenen ist der Ausfall deshalb ausgesprochen misslich.

Wer sich die zugestellten und versendeten Dokumente aus dem Portal nicht lokal gespeichert hat, hat derzeit keinen Zugriff. Ohne den Zugang kann man ohnehin den Verlauf einer Kommunikation nur schwer nachvollziehen. Um bei Fristversäumnissen infolge des technischen Ausfalls des MJP keine Nachteile zu erleiden, müssen Betroffene ihn gegenüber der jeweiligen Behörde oder vor Gericht nachweisen können. Bis auf die beiden Meldungen im Netz gibt es derzeit aber keine offiziellen Bestätigungen.

Nutzer, die sich individuell an den Support der Bund-ID beim Informationstechnischen Zentrum (ITZ-Bund) gewandt hatten, erhielten lediglich folgende Nachricht: „Wir möchten Sie aber darüber informieren, dass wir Ihr Problem derzeit analysieren und Ihnen nach Abschluss des Vorgangs umgehend eine Lösungsbeschreibung zur Verfügung stellen werden. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, das Problem zu lösen.“

Die Formulierung erweckt den Eindruck, als handle es sich um ein individuelles Problem des Nutzers und nicht etwa um ein technisches Problem des Betreibers des MJP. Formell ist dafür das BMJ zuständig, für die verknüpfte Bund-ID das BMI, für den technischen Betrieb das ITZ und für die Entwicklung eine GmbH im öffentlichen Eigentum Bremens.

Die verteilten Zuständigkeiten, der auch die uneinheitliche Kommunikation der beteiligten Stellen über den Ausfall geschuldet sein dürfte, sind symptomatisch für Digitalisierungsprojekte der öffentlichen Verwaltung. Heise online hat die am MJP beteiligten Stellen in einer gesammelten Anfrage um Erläuterungen zu den Hintergründen und Ursachen sowie den möglichen Abhilfen für die Nutzer etwa durch amtliche Bestätigungen über den Ausfall gebeten, die derzeit noch in Bearbeitung sein dürfte, zumal sie ebenfalls einer Abstimmung untereinander bedürfte. Sobald die Auskünfte vorliegen, werden wir an dieser Stelle weiter informieren.

(tig)