Mastodon-Instanz queer.af nach Machtübernahme der Taliban jetzt verschwunden

Eine als Schutzraum für queere Menschen gedachte Mastodon-Instanz ist jetzt offline gegangen, weil die Taliban die Kontrolle über die TLD übernommen haben.

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Mastodon-Logo

(Bild: T. Schneider/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die primär als Zufluchtsort für queere Menschen gedachte Mastodon-Instanz queer.af ist vorzeitig aus dem Internet verschwunden, nachdem die Taliban die Kontrolle über die zugehörige Top-Level-Domain übernommen haben. Vorher hatten die Verantwortlichen Mitte Januar mit der üblichen dreimonatigen Vorlaufzeit die Schließung der Instanz für den 12. April angekündigt und alle dort Registrierten zum Auszug aufgefordert. Seit Anfang der Woche ist die Instanz von ihrer Hauptdomain verschwunden. Dank einer Alias-Domain können sich Betroffene aber inzwischen wieder einloggen und den Auszug in die Wege leiten. Der Vorgang unterstreicht einmal mehr die möglichen Schwierigkeiten bei der Nutzung ungewöhnlicher Top-Level-Domains.

Laut einer Selbstbeschreibung hat die Geschichte von queer.af im Sommer 2018 begonnen, als eine Gruppe von Freunden überlegt haben, was sie mit einer "lustigen Domain" anstellen sollen, die sie sich gesichert haben. Das bezieht sich darauf, dass der Domainname im Englisch als "queer as fuck" gelesen werden kann, also umgangssprachlich für "sehr, sehr queer". Eingerichtet wurde daraufhin die Mastodon-Instanz, auf der zuletzt über 70 aktive Accounts registriert waren. Laut Eigenbeschreibung war sie nicht nur für queere Menschen gedacht, deren Schutz stand aber im Vordergrund. Gegen Belästigungen sollte entschieden vorgegangen werden. Wer sich registrieren wollte, dürfe "nur kein Nazi" sein. Insgesamt wurden darauf fast 130.000 Beiträge ins Fediverse abgesetzt.

Weil die Top-Level-Domain .af zu Afghanistan gehört, wo die Terrorgruppe der Taliban im Spätsommer 2021 wieder die Macht übernommen hat, war das Schicksal der Instanz unklar. Als der zuständige Registrar nach langer Abwesenheit Ende 2023 wieder aktiv geworden sei, war das kein gutes Zeichen, haben die Verantwortlichen der Instanz im Januar geschrieben. Damit sei auch klar geworden, dass die Gebühren für die Domain fortan an die Terrorgruppe geflossen wären. Unter anderem deshalb war die Schließung angekündigt worden. Schon jetzt wurde die Domain aber nicht mehr korrekt aufgelöst und die Instanz ist größtenteils verschwunden. Ob es einen Nachfolger gibt, blieb zunächst unklar.

Mit weniger als 100 aktiven Accounts war queer.af eine vergleichsweise kleine Instanz, trotzdem sorgt ihr Schicksal für viel Anteilnahme. Anders als die großen sozialen Netzwerke setzt sich die Twitter-Alternative Mastodon aus vielen einzelnen Servern zusammen, die größtenteils von Privatpersonen für die jeweiligen Nutzer und Nutzerinnen betrieben werden. Dabei ist es nicht unüblich, dass der Name der Instanz auf die jeweilige Nutzergruppe hinweist, so etwa bei journa.host für Journalisten und Journalistinnen oder infosec.exchange für die Cybersecurity-Gemeinde. Einer kürzlich veröffentlichten Analyse zufolge werden die meisten dieser Instanzen beim französischen Provider OVH gehostet, mehr als die Hälfte aller Accounts liegen auf einem Server des deutschen Konkurrenten Hetzner.

(mho)