Meta löscht zwei Desinformations-Netze, ein russisches und ein chinesisches

Das ZDF hat aufgedeckt, wie russische Akteure durch erfundene Nachrichten die öffentliche Meinung in Deutschland zu beeinflussen suchen. Meta reagiert.

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Blonde Frau hält sich die Ohren zu, weil sie mit Megaphon, Handys, Laptop und Tablet umzingelt ist

(Bild: Shyntartanya/Shutterstock.com)

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Nachgemachte Medienseiten, die Bild, FAZ, Süddeutscher Zeitung, Spiegel, dem Tagesspiegel, t-online oder der Welt täuschend ähnlich sehen, aber unbegründet Angst vor Hunger und Tod verbreiten. Schuld seien Deutschlands Sanktionen gegen Russland. Die Ukraine und ukrainische Flüchtlinge werden schlechtgeredet. Verbreitet wird der Mist durch viele Konten auf sozialen Netzwerken, durch Links in Kommentaren unter echten Medienberichten, auf Facebook-Seiten von Botschaften, Krankenhäusern, großen Marken oder der AfD, und manchmal auch durch russische Botschaften.

Diesem System ist das ZDF Ende August auf die Schliche gekommen. Daraufhin hat Meta Platforms Nachschau gehalten – mit Unterstützung des Digital Forensic Research Lab (DFRLab) – und festgestellt, dass sich die Desinformationskampagne keineswegs auf Deutschland beschränkt.

"Wir haben ein großes Netzwerk mit Ursprung in Russland gelöscht, das vor allem Deutschland und auch Frankreich, Großbritannien, Italien und die Ukraine im Visier hatte", teilt Facebook-Betreiber Meta mit. Thematisch ging es vor allem um Russlands Krieg gegen die Ukraine: "Das Unterfangen begann im Mai und drehte sich um ein ausuferndes Netz von über 60 Webseiten, die mit viel Aufwand echte Webseiten europäischer Medien nachgemacht haben."

Die Täter verbreiteten ihre falschen Nachrichten sowie darauf fußende Memes gerne über YouTube-Videos, Facebook, Instagram, Telegram, Twitter, Petitionen auf Change.org und Avaaz, sowie die russische Bloggingplattform LiveJournal. Genutzt wurden Konten unter erfundenen Identitäten. Meta nennt so etwas "koordiniertes unechtes Verhalten" (coordinated inauthentic behavior, CIB). Außerdem haben die Täter Werbung für ihre falschen "Berichte" geschaltet. Facebook und Instagram haben damit gut 100.000 Euro eingenommen, was für den Datenkonzern ein unbedeutender Betrag ist.

Und noch während Meta Internetdomains blockierte, setzten die Täter neue Webseiten auf. "Das deutet auf fortgesetzte Investitionen in diese Aktivitäten quer durchs Internet hin", schreiben Ben Nimmo und David Agranovich, die bei Meta für Bedrohungserkennung und -abwehr zuständig sind, "Das ist das größte und komplexeste Unterfangen aus Russland, das wir seit Beginn des Kriegs in der Ukraine verzeichnen. Es zeigt eine ungewöhnliche Kombination aus Raffinesse und Holzhammermethoden." Das Ganze geschah auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch sowie Ukrainisch. Ab der Woche des 20. Juli waren alle neu angelegten Webseiten auf Deutsch.

Nach eigenen Angaben hat Meta in diesem Zusammenhang auf Facebook 1,633 Konten, 703 Pages, und eine Gruppe gelöscht, auf Instagram lediglich 29 Konten. Eine Auswahl einschlägiger Internetdomains sowie Telegram-Kanäle enthält der Anhang zu Metas Bericht.

Darin enthalten ist auch eine Schilderung der Löschung eines deutlich kleineren, chinesischen Desinformationsnetzes. Es hat seit Herbst 2021 Kampagnen auf Englisch, Tschechisch, Chinesisch und Französisch mit unterschiedlichen Zielen gefahren. Dafür wurden falsche Konten auf Facebook, Instagram und Twitter sowie zwei tschechischen Petitionsplattformen eingesetzt.

Eine Kampagne versuchte die USA anzupatzen. Eine weitere, in tschechischer Sprache, attackierte die Regierung der Republik Tschechien fĂĽr deren UnterstĂĽtzung der Ukraine und warnte davor, sich mit China anzulegen. Hinzu kam eine Kampagne, die sich mit innenpolitischen Unwahrheiten in den US-Wahlkampf einmischte und Politiker beider US-GroĂźparteien attackierte.

Letzteres war für die Meta-Manager neu. Bisher hätten sich Desinformationskampagnen der Volksrepublik China mit US-Bezug auf geopolitische Themen konzentriert, nicht aber US-Innenpolitik. So setzte sich ein chinesischer Cluster für das Recht auf freien Zugang zu Schusswaffen, gegen den Zugang zu Abtreibung sowie gegen Demokratie in Hongkong ein. Ein anderer chinesischer Cluster vertrat den jeweils gegenteiligen Standpunkt, mit Ausnahme der Demokratie in Hongkong, versteht sich. Meta gibt an, 81 Konten, acht Pages, eine Gruppe auf Facebook sowie zwei Konten auf Instagram unschädlich gemacht zu haben.

(ds)