Metallicas Internet-Experimente

Die Metal-Band meidet kommerzielle Online-Dienste, bietet ihren Fans aber Live-Mitschnitte als MP3-Downloads an -- und scheint nach einer ersten Bilanz damit Erfolg zu haben. Deutsche User sind aber noch weitgehend ausgeschlossen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Janko Röttgers

Spätestens seit ihrem Streit mit Napster und seinen Nutzern hat Metallica im Netz den Ruf, neuen Technologien nicht gerade aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Das könnte sich jetzt jedoch ändern: Seit Anfang Juni bietet die Band ihren Fans unter Metallicavault.com eine eigene Download-Plattform mit zahlreichen exklusiven Live-Mitschnitten zum freien Download an. Einzige Vorbedingung: Wer Einlass in die virtuelle Gruft bekommen will, muss Eigentümer des neuen St. Anger-Albums sein. Ein der CD beigefügter individueller Code fungiert als Zugangsberechtigung zur Site.

Bisher sind über Metallicavault.com rund sieben Stunden exklusive Aufnahmen abrufbar, darunter rare Konzertmitschnitte aus den Achtzigern und Neunzigern. Die Band will das Angebot regelmäßig mit neuen Aufnahmen aufstocken. Im Umgang mit dem Material gibt sich Metallica ausgesprochen liberal. So heißt es auf der Website: "Streamt sie, laded sie euch herunter, brennt sie, macht verdammt noch mal was ihr wollt mit der Musik." An anderer Stelle wird die Band sogar noch deutlicher und gibt die explizite Losung "Download, Burn, Share, Kick Ass" aus. Konsequenterweise werden die Aufnahmen als MP3s mit einer Auflösung von 128 kBit/s angeboten. Allein auf Cover-Versionen müssen Metallica-Fans bisher aus rechtlichen Gründen noch verzichten.

Trotz solcher Einschränkungen ist die Plattform ein bemerkenswerter Schritt für die Band. Zu Napsters Hochzeiten hatte sich Metallica bei vielen Fans unbeliebt gemacht, indem sie die Sperrung von 335.435 Nutzern der Tauschbörse durchsetzte. In zahlreichen öffentlichen Auftritten polemisierte Metallica-Drummer Lars Ulrich zudem gegen Napster und seine Nutzer und warf ihnen vor, ähnlich verbrecherisch zu handeln wie Ladendiebe. Unzählige enttäuschte Fans wandten sich daraufhin von der Band ab und machten sich im Web auf Anti-Metallica-Seiten Luft. Ihren Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung, als ein satirisches Flash-Movie mit dem Titel "Napster Bad!" millionenfach im Netz Verbreitung fand.

Doch auch mit den Online-Angeboten der Industrie konnte sich Metallica bisher nicht anfreunden. So finden sich die Songs der Band weder auf Abo-Plattformen wie Musicnet oder Rhapsody noch auf Apples in der Branche sonst so beliebten iTunes Music Store. Anfang des Monats erklärte das Management der Band dazu, vorerst nicht mit diesen Plattformen zusammenarbeiten zu wollen: Eine Band wie Metallica könne sich nicht von Apple diktieren lassen, in welcher Form ihre Musik vertrieben werde. Der Streitpunkt: Apple nimmt nur Platten in seinen iTunes Store auf, deren Songs die Firma auch separat zum Download anbieten kann. Metallica fürchtet jedoch, damit zum Tod des Album-Formats beizutragen. Mit dieser Befürchtung stehen die Hardrocker nicht ganz allein. Auch die Red Hot Chili Peppers, Linkin Park, Garbage, Madonna, Kid Rock und Michael Jackson verweigern aus diesem Grund bisher jede Zusammenarbeit mit den kommerziellen Online-Musikanbietern.

Zum Start der Metallicavault.com-Site erklärte Lars Ulrich zudem: "Wir wollten immer, dass unsere Fans unsere Musik online hören können. Aber bis jetzt haben die existierenden Vertriebsmethoden nicht jene Qualitätsstandards erreicht, die unsere Fans von uns gewohnt sind." Metallicavault.com wurde in Zusammenarbeit mit dem US-Internetprovider Speakeasy realisiert, der darüber sein Breitband-Angebot bewirbt. Nach Angaben des Providers entstand die Zusammenarbeit auf Betreiben der Band. Die Plattform erweist sich bisher offenbar als ausgesprochen erfolgreich. Mehr als 150.000 Nutzer hätten sich innerhalb des ersten Monats registriert, betonte Speakeasy-Sprecher Mark Peterson gegenüber heise online. Insgesamt verzeichne man mittlerweile 1,5 Millionen Downloads.

Nicht ganz so rosig sieht die Situation für deutsche Metallica-Fans aus. Sie können nicht direkt auf Metallicavault.com zugreifen, sondern müssen mit einem passwortgeschützten Bereich auf St-Anger.de Vorlieb nehmen. Dort gibt es erst einmal nur einige wenige kopiergeschützte Songs, auf die man nur mit dem Popfile-Player zugreifen kann. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, mit einem zweiten, auf der CD enthaltenen Code einen Zugang zur US-Download-Seite zu gewinnen. Bisher scheint Universal recht freigiebig zu sein und jedem Teilnehmer einen derartigen Zugang als "Gewinn" zu geben. Allerdings scheint der Code auf vielen ausgelieferten CDs zu fehlen. Einige Nutzer beklagen auch, trotz vorhandenem Code keinen Zugang zur deutschen Download-Site bekommen zu haben. Das Forum der Site ist deshalb bereits voll von Beiträgen, in denen enttäuschte Fans ihrem Ärger Luft machen. (Janko Röttgers) / (jk)