Microsoft: AOL will das Internet übernehmen

Die Zeugenbefragung im Kartell-Verfahren gegen Microsoft entwickelte sich zum Showdown zwischen dem Software-Giganten und seinem Erzfeind AOL -- und endete mit einem Punktsieg für Microsoft.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Die Zeugenbefragung im andauernden Anti-Trust-Verfahren gegen Microsoft entwickelte sich am Donnerstag zum Showdown zwischen dem Software-Giganten und dem inzwischen zum Erzfeind mutierten Online-Dienst AOL. Nach US-Medienberichten ging Microsoft als klarer Punktsieger aus dem verbalen Duell hervor.

Die Klagevertreter hatten den AOL-Manager John Borthwick als Zeugen aufgeboten, der belegen sollte, wie Microsoft mit Hilfe seiner .NET-Konzeption versucht, auf der Basis des De-facto-Monopols bei Betriebssystemen seine Marktstellung im Online- und Servicemarkt auszubauen. Die Befragung durch Microsoft-Anwalt Richard Pepperman trieb Borthwick allerdings zum Eingeständnis, dass Microsofts .NET-Konzept im Wesentlichen auf offenen Standards beruhe -- und damit sehr viel offener für die Nutzung durch Wettbewerber sei als der proprietäre MagicCarpet-Dienst, an dem AOL arbeitet.

In noch größere Erklärungsnot kam der AOL-Manager allerdings, als Pepperman ein AOL-internes Memo präsentierte, in dem vorgeschlagen wird, dass mediale Inhalte des Mediengiganten AOL Time Warner nicht mehr über Websites verbreitet werden sollten, die Microsofts .NET-Konzept unterstützen. Dies sei lediglich ein Vorschlag gewesen, versuchte sich Borthwick zu verteidigen, der nicht einmal von den Führungskräften des Konzerns diskutiert worden sei.

Die verbale Auseinandersetzung markiert den bisherigen Höhepunkt in einem eskalierenden Konkurrenzkampf. In der ersten Runde des Anti-Trust-Verfahrens gegen Microsoft hatte AOL, das -- bisher noch -- Microsofts Internet-Explorer als Browser in seiner Zugangssoftware verwendet, den direkten Auftritt vor Gericht noch vermieden.

Mit .NET und Windows XP, mit Microsoft Messenger und Media Player, kommt Microsoft dem Online-Riesen AOL beziehungsweise der Konzernmutter AOL Time Warner aber offenbar immer mehr in die Quere. Seit im vergangenen Sommer Verhandlungen über eine gegenseitige Harmonisierung von Online-Diensten gescheitert sind, fährt AOL einen immer härteren Kurs gegen Microsoft. Bisheriger Höhepunkt der Auseinandersetzung war die Schadensersatzklage, die die Netscape-Mutterfirma AOL Ende Januar gegen Microsoft angestrengt hatte. Umgekehrt bezichtigt Microsoft AOL immer wieder, als Drahtzieher im Anti-Trust-Verfahren zu agieren. (wst)