Milliardenfrage EEG-Umlage: Die Kosten des Klimaschutzes
Die großen Parteien in Deutschland versprechen eine Senkung oder Streichung der EEG-Umlage. Unklar ist, wie dann der Klimaschutz finanziert werden soll.
Klimaschutz kostet viele Milliarden – nicht nur den Staat, sondern auch den Bürgern. Tanken und Heizen mit fossilen Energieträgern sind wegen des CO2-Preises bereits deutlich teurer geworden. Zudem sind in den vergangenen Jahren die Strompreise deutlich gestiegen. In ihren Wahlprogrammen versprechen die Parteien den Bürgern jetzt milliardenschwere Entlastungen. Im Mittelpunkt: die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms. "Wir müssen sehr genau darauf achten, dass bei der Umsetzung unserer Klimaziele keine sozialen Schieflagen entstehen", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.
Sozialer Ausgleich
"In der Stadt ist zum Beispiel die Nutzung des ÖPNV wesentlich leichter möglich, als in ländlichen Regionen, wo viele Menschen auf ihr Auto angewiesen sind", sagte Altmaier. Besonders Rentnerinnen und Rentner sowie Pendler seien deshalb auf einen sozialen Ausgleich angewiesen. "Es geht nicht um weniger Klimaschutz, sondern um mehr Klimaschutz verbunden mit mehr sozialem Ausgleich", sagte der Wirtschaftsminister. Die Abschaffung der EEG-Umlage könne dabei ein erster Schritt sein.
Die EEG-Umlage finanziert die Förderung von Ökostrom-Anlagen in Deutschland. Sie ist neben anderen Abgaben, Produktionskosten und Netzentgelten ein wesentlicher Bestandteil der Stromrechnung. Damit die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht drastisch steigt, hatte die Bundesregierung sie für 2021 und 2022 mit milliardenschweren Steuergeldern aus dem Haushalt stabilisiert. Dadurch fallen in diesem Jahr 6,5 Cent und im nächsten Jahr 6 Cent pro Kilowattstunde an.
"Es geht um enorme Beträge, die wir aber stemmen können", sagte Altmaier. Schon jetzt koste der Ausbau erneuerbarer Energien jedes Jahr einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag, weitere Kosten kämen dazu. "Das können wir, so wie in der Vergangenheit auch, schaffen, ohne dass der individuelle oder gesellschaftliche Wohlstand wesentlich eingeschränkt werden", versprach Altmaier. In den vergangenen 50 Jahren sei es immer wieder gelungen, höhere Belastungen durch steigende Löhne und Einkommen auszugleichen. "Mit anderen Worten: Wenn die Wirtschaft kräftig wächst, kann sie auch die Kosten von mehr Klimaschutz besser wegstecken."
Wahlversprechen
In ihren Wahlprogrammen versprechen alle großen Parteien, die EEG-Umlage abzuschaffen oder zu senken:
CDU/CSU
Bei ihr heißt es: "Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben. Als erstes schaffen wir die EEG-Umlage ab."
SPD
Sie will die Umlage bis 2025 weg haben und mit Einnahmen aus der CO2-Bepreisung aus dem Bundeshaushalt finanzieren. "Der Strompreis muss sinken, denn es soll ja attraktiv sein, auf sauberen Strom umzusteigen", sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz der Deutschen Presse-Agentur. Er rechnet damit, dass eine Familie so mehr als 300 Euro im Jahr sparen kann.
Die Grünen
Sie wollen die Einnahmen aus dem CO2-Preis über ein Energiegeld direkt an die Bürger zurückgeben und die EEG-Umlage senken.
Die anderen bisherigen Oppositionsparteien
Die FDP will die EEG-Umlage abschaffen und die Stromsteuer auf den niedrigsten nach EU-Recht möglichen Satz absenken. Die Linke strebt an, die Förderung erneuerbarer Energien wesentlich über den Bundeshaushalt statt über die EEG-Umlage zu finanzieren und die Stromsteuer zu senken. Auch die AfD will die EEG-Umlage streichen.
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Gegenfinanzierung
Nur: die Lage des Bundeshaushalts ist wegen der Corona-Krise angespannt. Reichen die CO2-Einnahmen zur Gegenfinanzierung aus? Bei der EEG-Umlage geht es um rund 25 Milliarden Euro - pro Jahr.
Nach Berechnungen des Verbraucherportals Verivox zahlt ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden derzeit im Schnitt pro Jahr 1208 Euro für Strom. Davon entfallen 260 Euro auf die EEG-Umlage. Zusammen zahlten die privaten Haushalte in Deutschland über die EEG-Umlage rund 8,1 Milliarden Euro für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Ein Wegfall der Umlage würde Haushalte entlasten, könnte die CO2-Mehrkosten aber nicht kompensieren. Der CO2-Preis steigt bis 2025 schrittweise an, entsprechend teuer werden Tanken und Heizen. Nach Verivox-Berechnungen müsste 2025 eine "Klimaprämie" von mindestens 58 Euro pro Person ausgeschüttet werden, um die jährlichen Mehrkosten auszugleichen. "Nach der Bundestagswahl sollten die Parteien die versprochene Entlastung bei den Strompreisen dann auch zügig umsetzen", sagte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck.
Sinkende Strompreise sollen nach den Vorstellungen Altmaiers auch dazu führen, dass die Anstrengungen für mehr Klimaschutz bei Gebäuden vorankommen. Mit einer Abschaffung der EEG-Umlage werde der Einsatz elektrischer Wärmepumpen zur Gebäudeheizung wesentlich attraktiver werden, sagte er. "Bislang wurden die Klimaziele im Bereich der Gebäudeenergie noch nicht erreicht, das muss und wird sich ändern." Alleine in diesem Jahr werde der Bund rund fünf Milliarden Euro für die energetische Gebäudesanierung bewilligen, fast doppelt so viel wie im Vorjahr.
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Ausbau von Windkraft und Solaranlagen
Ein weiteres Schlüsselthema ist der Ausbau von Windrädern und Solaranlagen – debattiert wird bei Neubauten eine Solarpflicht. Altmaier setzte sich für Solaranlagen auf allen neuen öffentlichen Gebäuden ein. "Bestehende Gebäude sollen so schnell wie möglich, spätestens aber bis 2028 nachgerüstet werden. Ähnliches sollte für Gewerbebauten und große Mietwohnungsanlagen gelten." Bei Privathäusern müsse man allerdings darauf achten, die Bauvorhaben durch zusätzliche Kosten nicht unmöglich zu machen. "Deshalb bin ich nicht unbedingt ein Freund einer Solarpflicht auf Dächern von Privathäusern. Aber ich könnte mir eine 'Duldungspflicht' oder auch Investitionsvorschüsse vorstellen", sagte Altmaier.
Im Falle der Duldungspflicht hätten Dritte wie die Kommune die Möglichkeit, gegen eine Beteiligung des Eigentümers am Erlös auf eigene Kosten Solaranlagen zu installieren. Beim Investitionsvorschuss würde die Anlage dem Hausbauer gehören, aber er müsste den Vorschuss mit seinen Einnahmen aus der Photovoltaik-Anlage zu einem bestimmten Teil wieder zurückzahlen. "So könnte man die Ziele der Energiewende erreichen, ohne unangemessen in die private Investitionsfreiheit einzugreifen", sagte Altmaier.
(olb)