Missing Link: Tschüss Auto, hallo Robo-Taxi! Verkehr à la Silicon Valley

Seite 2: Waymo One

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Im Dezember 2018 ging unter dem Namen Waymo One der weltweit erste Selbstfahr-Taxidienst im Stadtgebiet von Phoenix, Arizona, an den Start – die Wüstenstadt ist bekannt für gleichbleibend gute Wetterbedingungen und ein übersichtliches Straßennetz. Aus dem vormaligen Google-Car-Projekt ist die Firma Waymo hervorgegangen, die möglicherweise am nächsten dran ist, einen marktreifen Robo-Service anbieten zu können.

Das Fahrzeug wird wie bei einer Taxi-App bestellt und ein Aufnahmepunkt, meist die nächste Straßenecke oder etwa ein Supermarktparkplatz, gewählt. Das Fahrzeug kommt, per App wird die Tür geöffnet und geschlossen und der Kunde kann Platz nehmen. Im Dach des Fahrzeugs befinden sich vier Schaltflächen: eine für Start/Stopp, mit der die Fahrt gestartet und beendet wird, eine für Notfallstopps, eine für telefonische Kontaktaufnahme mit dem Servicecenter sowie eine fürs Verriegeln des Fahrzeugs. Noch müssen auch aus rechtlichen Gründen meist passiv bleibende Ersatz-Fahrer hinter dem Steuer sitzen. Derzeit sind 600 solcher Robo-Taxis unter der Flagge von Waymo unterwegs und sammeln emsig Erfahrungen.

Alle rund 18.000 Kilometer kommt es zu Situationen, in denen das autonome Fahrzeug derzeit Hilfe benötigt – etwa wenn Gegenstände auf der Fahrbahn liegen, die ein regelwidriges Ausweichmanöver erforderlich machen, z.B. das Überfahren einer durchgezogenen Linie. Die Anzahl durchschnittlich gefahrener Kilometer, nach denen das System versagt bzw. zum Eingreifen nötigt (Take over request) ist das Kriterium für die Reife der autonomen Fahr-Software. Waymo liegt hierbei derzeit ca. eine Größenordnung vor der Konkurrenz, ebenso bei der Anzahl der in der Realität sowie im Simulator absolvierten Testkilometer.

Waymo bestellte Ende 2018 beim britischen Hersteller Jaguar 20.000 elektrische I-Pace-SUVs und zeitgleich 62.000 Hybrid-Minivans von Chrysler. Laut Waymo werden allein die 20.000 I-Pace-Modelle bis zu 1 Million Fahrten pro Tag ermöglichen. Bis Ende 2022 sollen die Fahrzeuge ausgeliefert sein, womit Waymos autonome Flotte auf die 100.000-Fahrzeuge-Marke zusteuert. Die Firma will ihre Dienste in der Zukunft auf andere Länder ausweiten. Die Firma bekräftigt mit diesen Expansionsplänen seine Führungsrolle im Bereich der automatisierten Taxidienste und die feste Absicht, daraus einen profitablen Service zu machen.

Die Firma Uber ist gerade an die Börse gegangen, ist fast so viel wert wie Volkswagen, macht allerdings immer noch nur Verluste. Ubers astronomische Marktbewertung von um die 60 Milliarden Euro macht eigentlich nur Sinn, wenn Uber zum maßgeblichen Akteur der Mobilität der Zukunft wird, weit über die Taxibranche hinaus, deren Disruption das ursprüngliche Unternehmensziel gewesen war, die in den USA gerade einmal 35 Milliarden Euro jährlich generiert.

Cory Doctorow, einer der profiliertesten Kritiker der digitalen Ökonomie, meint, Ubers Endziel bestehe darin, das menschliche Fahrpersonal gänzlich überflüssig zu machen, da dieses für gut die Hälfte der Kosten verantwortlich sei: "Uber kann eigentlich als Probelauf für eine Flotte aus autonom fahrenden und Punkt-zu-Punkt-Fahrten bedienenden Fahrzeugen angesehen werden – mit Menschen als Platzhaltern für zukünftige Roboter."

Damit würde sich Uber dem Funktionieren von anderen Plattformen wie Google und Facebook annähern und das Geschäftsmodell auf eine Beziehung zwischen den Usern und der Plattform beschränken, ohne das Zutun privater, unternehmerisch selbstständig agierender Chauffeurinnen und Chauffeure. Diese hingegen werden diese Entwicklung mit Sorge beobachten, denn die erfolgreiche Hinwendung zu selbstfahrenden Robo-Taxis würde ihnen ihre Einkommensquelle und Lebensgrundlage rauben, ohne Aussicht auf soziale Abfederung, denn sie sind ja selbstständig und werden pro Auftrag bezahlt, können also auch problemlos "entlassen" werden.