Monopolkommission fordert vollständige Privatisierung von Telekom und Post
Die Monopolkommission hat Empfehlungen für die nächste Bundesregierung herausgegeben. Auch Big Tech und Machtballungen im Digitalen stehen im Fokus.

(Bild: Iven O. Schloesser/Shutterstock.com)
"In Deutschland und Europa besteht erheblicher Reformbedarf." Das konstatiert die Monopolkommission und empfiehlt einer neuen Bundesregierung, nach Wahl "die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Unternehmen international wettbewerbsfähig sein können". Eine der Forderungen des unabhängigen Beratungsgremiums lautet, die Beteiligung des Bundes an der Deutschen Telekom und der Deutschen Post zu beenden und die restlichen Anteile zu veräußern. Grund: "Die verbliebenen Beteiligungen führen auch weiterhin zu einem Interessenskonflikt des Bundes."
"Der Bund als Regulierer und Gesetzgeber gestaltet den Ordnungsrahmen für die Post- und Telekommunikationsmärkte", erläutern die Experten ihre Bedenken. "Als Anteilseigner hat er ein Interesse an der Ertragskraft der Unternehmen. Dies steht im Konflikt zu seinem Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen." Die Beteiligung des Bundes wirke sich zudem positiv auf die Bonität beider Konzerne und damit auf ihre Refinanzierungskonditionen im Vergleich zu Konkurrenten aus. Das verzerre den Wettbewerb. Eine Beteiligung der öffentlichen Hand aus Gründen der Daseinsvorsorge sei dagegen nicht erforderlich. Vielmehr könnten die freiwerdenden Finanzmittel etwa in Form von Infrastrukturinvestitionen genutzt werden.
Vor allem die Liberalen drängten in den vergangenen Jahren auf einen Verkauf der Anteile, die der Bund noch hält. An der Post ist der Bund über die staatliche Förderbank KfW zu 16,5 Prozent beteiligt, an der Telekom sogar insgesamt mit 27,8 Prozent. 2024 verkaufte die KfW 4 Prozent der Anteile an der Post und 2,2 Prozent der Anteile an der Telekom. Unter anderem FDP-Chef Christian Lindner schlug bereits vor, dass die erwarteten Millionenerlöse aus einem Staatsverkauf der Aktien von Telekom und Post in einen Investitionsfonds fließen sollten, aus dem die Digitalisierung der Infrastruktur und der Bildung bezahlt werde.
Telekom-Wettbewerber stehen hinter dem Verkaufsappell
Auch bei Fraktionen von CDU/CSU und den Grünen gibt es für solche Ansätze Befürworter. Telekom-Chef Timotheus Höttges gab dagegen schon 2017 zu bedenken: Wer den Ausstieg des Bundes fordere, müsse sich fragen, "wer dafür eventuell einsteigt" und ob die Käufer "Interesse an der Infrastruktursicherheit" hätten. Unklar bleibe auch, ob, wann und vor allem wie viel künftige Besitzer des Aktienpakets "in Deutschland investieren" wollten.
Frederic Ufer, Geschäftsführer des Wettbewerberverbands VATM begrüßte den Vorschlag der Monopolkommission nun dagegen ausdrücklich. Eine vollständige Privatisierung sei dringend nötig: "Seit Jahren sehen wir die unheilsame Interessenskollision des Staats als Aktionär, Regulierer und Gesetzgeber." Einen wirksamen Schutz vor ausländischen Direktinvestitionen habe der Gesetzgeber mit der Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes geschaffen.
Die Kommission spricht sich ferner gegen die Bestrebungen der frĂĽheren EU-Kommission und des Ministerrats zum EinfĂĽhren einer Datenmaut aus. Auf die "Regulierung im Internet-Zusammenschaltungsmarkt (Fair Share)" sollte verzichtet werden, heiĂźt es in dem Papier. Eine Big-Tech-Kostenbeteiligung am Netzausbau sei nicht erforderlich.
Zugleich werden die Wettbewerbswächter aber dafür, "Machtballungen im Digitalen" aufzubrechen: Im Internetsektor gebe "es starke Abhängigkeiten von den digitalen Gatekeepern", monieren sie. Digitale Monopole sollten daher gegebenenfalls zerschlagen werden. "Kill Zones", die Investitionen und Innovationen verhinderten, und "Killer-Fusionen", mit denen innovative Unternehmen abgeblockt würden, sollten stärker als bislang von den Kartellbehörden erfasst werden können. Gerade auch für Unternehmen, die im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) aktiv seien, gebe es erhebliche wettbewerbliche Flaschenhälse und "starke Abhängigkeiten von einigen wenigen Anbietern der erforderlichen Inputs".
"Winner-takes-most"-Struktur auf Online-Märkten
"Deutschland und Europa verlieren zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern und Regionen", erläutert die Monopolkommission mit Blick insbesondere auf Schlüsseltechnologien wie KI, Quantencomputing und Biotechnologie. Die Kluft zwischen Marktführern und Nachzüglern wachse hier auch in Europa. Steigende Markteintrittsbarrieren erschwerten es neuen Wettbewerbern, in Märkte einzutreten. Diese Dynamik fördere eine "Winner-takes-most"-Struktur, in der einige wenige Firmen ihre Gewinne und Margen weiter ausbauten und die Märkte zunehmend dominierten. Das schaffe Abhängigkeiten. Die Digitalwirtschaft sei dafür besonders anfällig.
Am Herzen liegen den Beratern auch stärkere Wettbewerbselemente im Netzausbau, etwa bei der Ladeinfrastruktur, der Wasserstoffwirtschaft oder im Telekommunikationsbereich. Marktbasierte Vergabeverfahren wie Auktionen müssten als Standard etabliert, Netzzugang und Open-Access-Modelle gefördert werden. Im Energiebereich seien wettbewerbsoffene Lösungen anzustreben, etwa wenn es darum gehe, das Marktdesign anzupassen. Zur Sicherung der Energieversorgung sollte ein wettbewerbsgesteuerter kombinierter Kapazitätsmarkt geschaffen werden.
(mho)