Computex

Netbooks ohne x86

Laufzeiten von 10 Stunden bis mehreren Tagen, Preise um 200 Euro: Das sind die Zielsetzungen der Netbooks mit ARM-Prozessoren. Prototypen von Qualcomm, Nvidia und Elitegroup sind jetzt auf der Computex zu sehen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 245 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Dass kleine und leichte Notebooks nicht unbedingt mit x86-Prozessoren laufen müssen, zeigen auf der Computex Qualcomm und Nvidia. Sie führen erste Prototypen der auf ARM-Prozessoren aufbauenden Mini-Notebooks vor, die sie manchmal Smartbooks nennen. Hoffentlich droht da gerade nach der Beilegung des Streits zwischen Intel und Psion über den Namen Netbook nicht direkt der nächste Konflikt, gehört die Marke beispielsweise in Deutschland doch zu Wortmann. Die Grenzen zwischen Smartbook, Netbook und MID (Mobile Internet Device) verschwimmen aber ohnehin – und bei den kleineren Geräten sogar die zum Smartphone.

Netbooks ohne x86 (15 Bilder)

Das Wistron M5 mit Nvidia Tegra. Zumindest der Prototyp steckt im gleichen Gehäuse wie die (offensichtlich ebenfalls von Wistron gefertigten) Netbooks von HP: Große, für Schnellschreiber geeignete Tasten, 10-Zoll-Display, Touchpad mit ungewohnt außenliegenden Tasten.

Nvidia präsentiert 12 MIDs und 20 laufende Projekte mit ihrer Tegra-Plattform, die eine Kombination aus einem ARM- und einem Grafikprozessor ist. Doch von den 12 MIDs liefen nur wenige, die meisten waren funktionslose Gehäuse. Unter den Herstellern traten neben bekannten Namen wie Compal, Inventec, Pegatron und Wistron auch eher unbekannte wie ICD und Mobinnova auf. Auffällig war, dass Nvidia noch beim Tegra-Start im vorigen Jahr ein Demogerät etwa im Smartphone/MID-Format gezeigt hatte, nun aber Netbooks und Tablets vorherrschten.

Nvidia betonte die niedrige Leistungsaufnahme: Mit einem 24-Wh-Akku würde ein Tegra-Netbook 25 Tage lang MP3s abspielen können, was einer Stromaufnahme von 40 mW entspräche, beim Abspielen eines HD-Videos seien ohne Display 1,4 Watt fällig – wir sind gespannt. An einem Player für Flash-Videos arbeitet Nivdia zusammen mit Adobe. Als Betriebssysteme kommen Android oder Windows Mobile/CE zum Einsatz. Die ersten Geräte sollen im Herbst fertig sein. An einem Prototyp des Wistron M5, der im gleichen Gehäuse steckte wie die HP-Netbooks der Mini-Reihe, konnten wir ein wenig herumspielen: Das Windows Mobile hat Nvidia um einen Programmstarter und eine ARM-Version von Firefox ergänzt, der sich jedoch recht absturzfreudig zeigte.

Auch Qualcomm bestätigt, dass der ARM-Technik vor allem Grafikperformance fehlt: Ihrer Snapdragon-Plattform, die als 1-GHz-Version beispielsweise im Smartphone Toshiba TG01 vorkommt und die auch schon länger als 1,5 GHz schneller Zweikernprozessor vorliegt, fügt Qualcomm nun eine Version mit Grafikeinheit hinzu: Der in 45 nm gefertigte QSD8650A hat außer dem mit 1,3 GHz getakteten ARM-Prozessor einen Grafikprozessor an Bord, der unter anderem Adobes Flash beschleunigen soll. Zudem sind UMTS, CDMA, Bluetooth und ein GPS-Empfänger eingebaut. Der Chip soll gegen Jahresende fertig sein, erste Geräte sollen Anfang 2010 zu sehen sein. Zur Leistungsaufnahme sagte Qualcomms Marketingchef Luis Pineda in einem Interview mit der taiwanischen Digitimes, dass die nicht in 45 nm gefertigte 1-GHz-Version mit 500 mW auskommt. Als Betriebssystem kommen Linux-Varianten mit verschiedenen Oberflächen zum Einsatz – Windows Mobile sei aufgrund von Beschränkungen der Displayauflösung keine Alternative.

Geräte mit dem QSD8650A gab es noch nicht zu sehen, aber einige interessante Prototypen mit älteren Chips von Asus, Compal, Wistron, Foxconn und Inventec. Die Snapdragon-Variante des Asus EeePC soll eine Laufzeit von 12 Stunden haben. Qualcomm zeigte eine Version mit Android und eine mit Xandros Linux.

Doch bei der Android-Version zeigte sich wie bei Acers x86-Netbook mit Android, dass diese Oberfläche nicht auf die Bedienung per Tastatur und Maus/Touchpad ausgelegt ist, sodass die Internet-Experience dieses Prototyps wenig Begeisterung hervorrief. Das darunterliegende Linux bietet genügend Alternativen und degradiert Android damit zu einem Programmstarter – das scheint unausgegoren. Kein Wunder, dass Asus selbst das Gerät nicht ausstellte, dass Vizepräsident Jonathan Tsang das Gerät für unausgereift hält und dem Projekt keine hohe Priorität einräumt, wie der IDG News Service meldet.

Elitegroup zeigte ebenfalls ein ARM-Gerät mit Android, das schicke T800 im Alu-Look mit Breitbild-Display. Darin soll ein ARM-Prozessor aus TIs OMAP3-Baureihe mit bis zu 1 GHz stecken, dem allerdings noch der Grafikkern des OMAP4 fehlt. Egal: Es handelte sich sowieso nur um ein funktionsloses Mockup.

Mit der größte Antrieb für diese Geräteklasse kommt von den Mobilfunkprovidern, die – wie bisher vor allem bei Handys und Smartphones üblich – die Geräte ihren Kunden im Rahmen von Mobilfunk-Nutzungsverträgen überlassen. Das heben Nvidia und Qualcomm deutlich hervor. Als Preisrahmen schweben den Beteiligten um 200 US-Dollar vor. Einige wenige Firmen wie Always Innovating (Touch Book) oder Mobinnova (Elan) wollen die ARM-Netbooks auch unter ihren eigenen Marken anbieten. Die meisten stammen aber von Auftragsfertigern wie Compal, Inventec, Pegatron oder Wistron, die selbst den Vertrieb nicht übernehmen, sondern diesen Großkunden wie den Telekommunikationsunternehmen überlassen. (jow)