Netzwerkausrüster - die wahren Gewinner des UMTS-Pokers

Nicht etwa die Telefongesellschaften und Mobilfunk-Carrier sollen die die wahren Profiteure des UMTS-Pokers sein, sondern die Netzwerkausrüster.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mit dem Mobilfunkstandard der dritten Generation UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) soll sich eine schöne neue Welt des Handys eröffnen. Aber nicht etwa die Telefongesellschaften und Mobilfunk-Carrier sollen die die wahren Profiteure des UMTS-Pokers sein, sondern die Netzwerkausrüster. Der Gesamtmarkt für den Ausbau der Netzwerkkapazitäten wird nach Meinung von Marktforschungsunternehmen bei 200 Milliarden US-Dollar liegen.

Eine der Firmen, die sich die größten Aufträge für die Ausrüstung von Netzwerken sichern dürften, ist nach Auffassung von Analysten die schwedische Ericsson, hinter Nokia Zweitplatzierter unter den Handy-Produzenten, mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent bei den Netzwerkausrüstern. Die Schweden seien Marktführer in der mobilen Netzwerk-Infrastruktur. Die BHF-Bank erwartet laut dpa auch im zukünftigen UMTS-Geschäft einen Marktanteil für die Schweden von 32 Prozent. Daneben sieht die Wertpapierhandelsbank Hornblower Fischer den finnischen Handyhersteller Nokia als weiteren Favoriten für den Netzwerkausbau. Außerdem dürften sich Firmen wie Nortel und Lucent, Platzhirsche bei klassischem Telekommunikationsequipment und optischen Netzen, ebenfalls ein gutes Stück vom Kuchen der notwendigen Infrastruktur-Investitionen abschneiden.

Schon in einer Studie, die Nortel anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos vorlegte, bescheinigten Marktforscher der Internet-Ökonomie einen rasanten Boom – aber auch sie prognostizierten, dass mehr als die Hälfte der zu erwartenden Umsätze allein durch Infrastruktur-Investitionen in Breitbandnetze und Mobilfunk erzielt werde. Es entstünde ein Markt von 1,5 Billionen US-Dollar; der Anteil der Infrastruktur-Investitionen an der so genannten Internet-Ökonomie wäre damit größer als die Ausgaben für E-Commerce, meinen die Analysten von Nortel und IDC. Und das muss jemand bezahlen: Die Telekom-Gesellschaften, und letztlich der Kunde. Steigende Preise bei neuen Mobilfunkanwendungen, wie sie viele Beobachter befürchten, dürften aber der Akzeptanz von UMTS nicht gerade förderlich sein – mit der Konsqeuenz, dass sich die Investitionen der Carrier nur sehr langsam amortisieren. Die Telefongesellschaft Talkline merkte in der Begründung ihres Rückzugs aus der deutschen UMTS-Auktion an, nach ihren Schätzungen würde sich eine UMTS-Lizenz frühestens in 15 bis 20 Jahren rentieren.

So sehen denn auch Experten die Zukunft der Telekom-Branche im Unterschied zu den Bedingungen für die Ausrüster nicht besonders rosig. Um den Anschluss an die Zukunft nicht zu verpassen, müssten die Telefongesellschaften bei der Versteigerung mitbieten, weil sie sonst Wettbewerbsnachteile erlitten. Diese seien langfristig teurer und gefährlicher als die jetzigen Investitionen, kommentierte die Londoner Rating-Agentur Moody's. Zwar scheinen sich für die Staatskassen bei den noch anstehenden Linzenz-Vergaben für UMTS nicht mehr solch exorbitanten Erlöse wie in Großbritannieren erzielen zu lassen – billig wird die Sache für die Carrier trotzdem nicht. Zudem: Für die wenigsten Firmen dürfte es reichen, in nur einem Land eine Lizenz zu erhalten. Nur wer europaweit seinen Kunden komplette Dienstleistungen für Internet, Telefonie und Mobilfunk anbieten kann, wird wohl in Zukunft zu den Großen der Branche zählen und letztlich sein Überleben sichern.

Die britische Investmentbank Schroder Salomon Smith Barney hat konsequenterweise jüngst den europäischen Telekommunikationssektor auf "untergewichten" herabgestuft. Schroder begründete laut dpa den Schritt in London mit den hohen Preisen für die zur Versteigerung anstehenden UMTS-Lizenzen in Europa. Erst vor kurzem hatte auch Lehman Brothers vorgerechnet, dass die Aktienkurse der Telekommunikationsunternehmen nicht so steigen würden wie bisher gedacht. Lehman Brothers meint, der Aktienkurs der Deutschen Telekom werde sich bis Ende des Jahres nicht bei 100, sondern eher bei 85 Euro einpendeln. Wegen der gewaltigen Investitionen in die UMTS-Lizenzen werde der kurzfristige Ertrag der Deutschen Telekom voraussichtlich um bis zu 32 Prozent sinken, erläuterten die Analysten.

Schroder Salomon Smith Barney merkte an, dass die Telekombetreiber den europäischen Regierungen etwa 160 Milliarden Euro für die UMTS- Lizenzen zahlen müssten. Weitere 175 Milliarden Euro brauchten sie zum Aufbau der Infrastruktur. Die Rendite daraus sei unsicher und fließe erst in einer fernen Zukunft zurück. Von den Aktien der Betreiber sollten sich die Anleger ihrer Meinung nach fern halten, da diese den Kauf der Lizenzen durch Schulden oder Aktienkapital finanzieren müssten. (jk)