Neue Google-KI-Tools: Weniger klimaschädlich fahren und fliegen

Mit zwei neuen KI-Tools will Google den Mobilitätssektor weniger klimaschädlich machen. Ampelschaltungen sollen optimiert und Kondensstreifen vermieden werden.

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(Bild: NicoElNino/Shutterstock.com)

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Google will mit zwei neuen KI-Tools dazu beitragen, dass mehr CO₂-Emissionen im immer noch emissionsreichen Mobilitätssektor eingespart werden. Zum einen geht das KI-Projekt Green Light an den Start, das die Fahrtrends von Google Maps nutzt, um Verkehrsmuster zu modellieren und optimierte Ampelschaltungen zu empfehlen. Zum anderen startet nun auch in Europa die KI-Lösung Contrails, die Fluggesellschaften bei der Vermeidung von Kondensstreifen unterstützen soll.

Das KI-Tool Green Light richtet sich insbesondere an Menschen, die Stadt- und Verkehrsplanungen vornehmen. Sie können damit Verkehrsschwerpunkte optimaler gestalten und so auch zur Vermeidung von CO₂ beitragen.

Laut Google sei die Hälfte der Emissionen an Kreuzungen auf das Anhalten und Anfahren des Verkehrs zurückzuführen. Dort könne die Schadstoffbelastung auch 29 Mal höher sein als auf offenen Straßen. Die KI könne beispielsweise mehrere benachbarte Kreuzungen beurteilen und das Erreichen von grünen Wellen begünstigen, um diese Stop-and-Go-Emissionen zu vermeiden.

[Update, 10.10.2023, 17 Uhr] Hierfür wird ein KI-basiertes Modell jeder Kreuzung, einschließlich ihrer Struktur, Verkehrsmuster (z. B. Start- und Stoppmuster), der Ampelplanung und der Art und Weise, wie Verkehr und verschiedene Ampelpläne interagieren, erstellt. Basierend auf diesem Modell entwickelt die KI Optimierungen, die über die Green-Light-Schnittstelle an Stadtplaner weitergegeben werden kann.[/Update]

Green Light werde bereits an 70 Kreuzungen in 12 Städten weltweit genutzt, unter anderem auch in Hamburg. Die KI habe sich im Einsatz bereits bewährt. Google zufolge deuteten erste Ergebnisse darauf hin, dass sie dazu beitrage, die Anzahl der Stopps an Kreuzungen um bis zu 30 Prozent und die dadurch verursachten Emissionen um bis zu 10 Prozent zu reduzieren.

Das Tool soll im kommenden Jahr in weiteren Städten eingeführt werden und interessierte Städte können sich auf einer Warteliste eintragen. Die Nutzung soll kostenfrei sein und es bestehe auch keine Absicht, hierfür Kosten zu erheben.

Mittels dem KI-Tool Contrails sollen die klimaschädlichen Auswirkungen des Luftverkehrs nun auch in Westeuropa – im Bereich Belgien, Nordwestdeutschland, Niederlande und Luxemburg – verringert werden. Dies sei die Region mit dem weltweit dichtesten Flugverkehr. Kondensstreifen sollen demnach für etwa 35 Prozent der Emissionen der Luftfahrt verantwortlich sein.

Um diese Emissionen zu mindern, arbeite das Unternehmen eng mit der Europäischen Organisation für die Sicherung der Luftfahrt, Eurocontrol, zusammen. Im Ergebnis soll Eurocontrol Flugzeugen, die den besagten Luftraum durchfliegen, Informationen darüber geben, wie sie Kondensstreifen bei ihren Flügen vermeiden können.

Contrails wurde zunächst von Google Research in Zusammenarbeit mit American Airlines und Breakthrough Energy entwickelt, um mithilfe künstlicher Intelligenz vorherzusagen, wo sich Kondensstreifen bilden und wie sie vermieden werden können. Erste Versuche hätten gezeigt, dass die durch den Luftverkehr verursachten Kondensstreifen um 54 Prozent reduziert werden konnten.

Sowohl Green Light als auch Contrails sind nicht die ersten Google-Tools, die dazu beitragen sollen, CO₂-Emissionen einzusparen. Google versucht etwa mithilfe seiner großen Datenschätze mehr Transparenz in Sachen CO₂-Ausstoß für Verbraucherinnen und Verbraucher herzustellen. So werden unter anderem Daten zu spritsparenden Mobilitätsrouten angeboten oder für Unternehmen, Städte und Gemeinden aussichtsreiche Solarenergie-Standorte angezeigt. Wie Google heute erklärte, entwickle man "auch weiterhin Technologien, die nützliche Informationen und effektive Unterstützung bieten, damit Menschen, Städte und Organisationen nachhaltigere Entscheidungen treffen können".

  • Spritsparende Routen und Anschlussmobilität bei Google Maps

Insbesondere der Verkehrssektor fällt in Deutschland mit gleichbleibend hohen Emissionen auf. Wie Holger Luedorf von Google Maps im Juni dieses Jahres erklärte, könne das hauseigene Angebot dabei helfen, Menschen verbrauchsärmere Routen oder klimafreundlichere Verkehrsträger zu nutzen. So können sich Menschen seit der Einführung der spritsparenden Routen für die Route entscheiden, die zu weniger Emissionen führt.

Seit Einführung der Funktion in den USA, Kanada, Europa und Ägypten bis Ende 2022 sollen schätzungsweise 1,2 Millionen Tonnen CO₂ vermieden worden sein. Das entspräche dem Effekt, wenn 250.000 benzinbetriebene Autos ein Jahr lang nicht fahren würden. Zudem biete Google Maps die Möglichkeit, auch individuell geplante Fuß- oder Radwege besser einschätzen zu können.

  • Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn

Eng arbeite man auch mit dem Partner Deutsche Bahn zusammen. Google könne die Auslastung von verschiedenen Verkehrsträgern stundengenau anzeigen – so, wie es auch der DB Navigator schon grob tut, indem er auf hohe Auslastungen von einigen Zügen hinweist. Seit dem 14. Juni wird über Google aber auch der DB-Service "Call a bike" in Voraussagen einbezogen. Menschen in Berlin, Köln und Frankfurt soll so der Umstieg auf das Fahrrad für die Anschlussmobilität erleichtert werden. Passend dazu habe man für Berlin seit Anfang des Jahres hunderte Kilometer aktualisierte Fahrradweg-Routen verfügbar gemacht. Dies gehe auf eine Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenUMVK) zurück. Allerdings könnte es hier nach dem Regierungswechsel doch wieder zu mehr Problemen kommen. Viele Fahrradwegprojekte in der Hauptstadt liegen gerade auf Eis.

  • Mehr Umweltdaten sichtbar

Drei neue APIs wurden im Sommer 2023 für Google Maps angekündigt. Diese sollen es Entwicklern erleichtern, Sonnen-, Luftqualitäts- und Polleninformationen abzubilden. Google zufolge nutzen die neuen Angebote KI und maschinelles Lernen sowie Luftbilder und Umweltdaten.

  • Angebotsgegenüberstellung in der Google Suche

Wird eine Flugreise per Google gesucht, wird dieser auch eine klimaschonendere Bahnreise gegenübergestellt – mit dem möglichen CO₂-Einsparpotenzial. Menschen könnten sich durch diese Transparenz bewusst für eine klimaschonendere Reise entscheiden.

  • KI schätzt Windausbeute und kommende Fluten ein

Laut Kate Brandt, Chief Sustainability Officer von Google, gibt es bereits eine hauseigene Künstliche Intelligenz, die die Windausbeute der kommenden Tage voraussagen kann. Ob sich verheerende Fluten ergeben können, könne eine KI mittlerweile schon sieben Tage im Voraus bestimmen. So könne besser vor den Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels gewarnt werden.

  • Klimaschutz-Planer (EIE) – Kostenlose Datensätze für Städte und Gemeinden

Um auch Städte in ihrer Gesamtheit beim Klimaschutz etwas unter die Arme zu greifen, gibt es den Klimaschutz-Planer "Environmental Insights Explorer" (EIE). Dieser ist für bisher 700 deutsche Städte und Regionen kostenlos verfügbar und kann Stadtplanerinnen und -planern unter anderem zeigen, welche Routen wie stark ausgelastet sind und welche Verkehrsträger genutzt werden. Auch zeigt der Planer wo Bepflanzung fehlen könnte – denn für die Abmilderung der Klimafolgen in den Städten bedarf es mehr Stadtgrün, welches Orte abkühlen kann. Des Weiteren könne das Solar-Potenzial der Gemeinden gezeigt werden.

Weltweit sollen die Daten für 42.000 Städte und Regionen verfügbar sein. Für manche Städte stehen auch Daten zur Luftqualität oder der Pollenkonzentration bereit.

  • Solar-API für Entwickler

Auf das von Google im Jahr 2015 gegründete Project-Sunroof folgte in diesem Jahr die Solar-API. Während Solar-API und der Klimaschutz-Planer (EIE) das gleiche Ziel verfolgen, richten sie sich an unterschiedliche Zielgruppen, unterstreicht Google. Die Solar-API bietet Tools für Entwickler und könne Solar-Marktplatz-Websites, Solarinstallateuren und SaaS-Entwicklern zugutekommen. Der Zugang zur API ist nicht kostenfrei – diese Datensätze sollen also direkt monetarisiert werden.

(kbe)