Neuer Intershop-Chef: Signal für strategische Investoren

Intershop, vor elf Jahren in Jena gegründet, galt bis zum Jahr 2000 als einer der Stars der deutschen Internet-Wirtschaft.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der schwer angeschlagene Jenaer Softwareanbieter Intershop sucht mit einem drastischen Sparkurs und dem Wechsel an der Unternehmensspitze Wege aus der Krise. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, mit Finanzinvestoren ins Geschäft zu kommen", sagte der neue Vorstandsvorsitzende Jürgen Schöttler in einem dpa-Gespräch. Gespräche mit "mehr als einer Hand voll Investoren" über eine Finanzspritze oder eine Beteiligung an Intershop liefen. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen. "Uns ist aber bewusst, dass die Zeit drängt."

Schöttler ist nach eigenen Angaben "ein typischer Vertreter der alten Ökonomie". Vor der Übernahme des Finanzvorstandes bei Intershop im April 2002 war er in Führungsfunktionen unter anderem bei Philips und beim Hersteller von technischen Gasen Messer Griesheim tätig. Die Entscheidung des 32-jährigen Intershop-Gründers Stephan Schambach, die Unternehmensleitung an einen Finanzmann abzugeben und sich im Vorstand auf Strategie- und Produktentwicklung zu konzentrieren, sieht er auch als Signal an den Kapitalmarkt. "Wir haben die richtigen Produkte, aber wir sind bisher nicht in der Lage, das in geschäftlichen Erfolg umzusetzen."

Eines der größten Probleme im Vertrieb sei die Frage nach den Überlebenchancen von Intershop, nicht nach der Leistungsfähigkeit der Jenaer Software für den Internet-Handel, sagte der neue Vorstandsvorsitzende. "Aus diesem Teufelskreis müssen wir heraus." Nach erneutem Umsatzeinbruch und hohen Verlusten im zweiten Quartal will Intershop die Zahl seiner Mitarbeiter von 445 auf 200 mehr als halbieren. "Wir werden die Umstrukturierung sehr schnell umsetzen." Einem Teil der Belegschaft in Deutschland soll die Übernahme in eine Beschäftigungsgesellschaft angeboten werden. Außerdem will Schöttler fünf Millionen Euro an liquiden Mitteln, die bisher gebunden sind, locker machen und die Notierung an der US-Computerbörse Nasdaq unter Kostenaspekten überprüfen.

Die Unternehmenskasse war per Ende Juni von 16,7 Millionen auf 10,5 Millionen Euro zusammengeschmolzen. Intershop, vor elf Jahren in Jena gegründet, galt bis zum Jahr 2000 als einer der Stars der deutschen Internet-Wirtschaft. Spätestens Ende 2000, mindestens dann aber Anfang Januar 2001 war es damit allerdings vorbei: Mit einer Gewinnwarnung schockte Intershop damals die Anleger und riss den gesamten Neuen Markt mit in die Tiefe. Zumindest die Aktienmärkte reagierten am heutigen Montag vorerst positiv auf die Nachricht von Schambachs Rücktritt: Bis zum Mittag stieg der Kurs des Intershop-Papiers in Frankfurt um über 28 Prozent -- und lag damit allerdings mit einem Kurs von 1,94 Euro immer noch himmelweit entfernt von einstigen Höchstständen aus den Zeiten des New-Economy-Booms. (jk)