Nokia vs. Daimler: Angetreten zur Patentschlacht

Nokia und Daimler streiten sich mehrfach über Patente. In einem Prozess vor dem Landgericht München I geht es um UMTS – betroffen sind auch die Zulieferer.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen
Nokia vs. Daimler: Angetreten zur Patentschlacht

(Bild: Dean Burton/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Florian Müller
Inhaltsverzeichnis

In München hat die Hauptverhandlung in einer von mehreren Patentstreitigkeiten zwischen dem Netzwerkausrüster Nokia und dem Daimler-Konzern stattgefunden. Es geht um ein Nokia-Patent, das ein "Redundanz-Strategie-Auswahlschema" für eine möglichst effiziente Wiederholung von Datenpaketen in Mobilfunknetzen zum Zwecke der Fehlerkorrektur beschreibt. Nokia ist der Ansicht, das rund 15 Jahre alte Patent sei standardessenziell für UMTS, und wirft Daimler Patentverletzung vor (Az.: 7 O 3890/19).

Nokias Klage bezieht sich auf Daimler-Fahrzeuge, in denen Telematiksteuereinheiten (TCU, Telematic Control Unit) verschiedener Zulieferer eingebaut sind. Die Finnen argumentieren, das in dem strittigen Patent EP1671505 beschriebene Verfahren sei standardessenziell für UMTS (3G). Ein Uplink über eine Mobilfunkverbindung könne nicht implementiert werden, ohne das Patent zu verletzen – Daimler hätte es deshalb lizenzieren müssen.

Die genaue Höhe der Lizenzgebühren, die Nokia verlangt, wurde nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert. Laut einem von Nokia beauftragten Gutachten zahlen Kunden für ein Kraftfahrzeug mit Mobilfunkfunktionalität 440 Euro mehr als für eines ohne. Davon fordert Nokia einen gewissen Prozentsatz. Die Finnen verweisen aber auch darauf, dass Daimler für 15 US-Dollar pro Fahrzeug eine Lizenz des Lizenzpool-Anbieters Avanci erhalten könne. Wie Nokia vergibt jedoch auch Avanci keine Lizenzen an Komponentenhersteller.

Daimler stellt Nokias Anspruch in Frage und verweist auf andere Möglichkeiten, UMTS zu implementieren. Parallel greift der Konzern die Gültigkeit des Patents an und hat vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage erhoben. Ungeachtet dessen scheint die Kammer des Münchener Landgerichts nach derzeitigem Stand kaum geneigt, das Verletzungsverfahren auszusetzen, weil zum Zeitpunkt der Patentanmeldung eine solche Technik schon im GSM-Standard bekannt gewesen sei.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung ging es dann ausschließlich um kartellrechtliche Fragen, die entscheidend dafür sein können, ob Nokia im Falle des Obsiegens lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen oder ein Herstellungs- und Vertriebsverbot gegen Daimler verhängt wird. Das Gericht wird dabei zu klären haben, ob Nokia das Patent missbräuchlich einsetzt.

Die Daimler-Zulieferer haben in verschiedenen Zusammenhängen erklärt, sich erfolglos um eine Patentlizenz von Nokia bemüht zu haben. Daimler, Continental, Valeo, Gemalto und Bury reichten deshalb zwischen Ende 2018 und Anfang 2019 Kartellbeschwerden bei der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission ein. Diese hätten jedoch bislang nicht zu förmlichen Ermittlungen geführt, bemerkte der Vorsitzende Richter in München.

Bekannt wurde, dass Daimler für die Vollstreckung eines etwaigen Untersagungsurteils während noch laufender Berufung eine Sicherheitsleistung von 4,5 Milliarden Euro für nötig hält. Die müsste Nokia hinterlegen, wenn der Ausrüster ein Urteil vorläufig vollstrecken will, das noch nicht endgültig rechtskräftig ist. Nokias Anwälte lehnen die Summe als "prohibitiv" ab. Was im Falle einer unrechtmäßigen Vollstreckung später tatsächlich an Schadensersatz geleistet werden müsste, könnte davon jedoch erheblich abweichen.

Das Verfahren ist Teil einer Serie von zehn Patentklagen, die Nokia gegen Daimler vor drei deutschen Landgerichten erhoben hat. Zudem muss sich der Mercedes-Hersteller gegen ein Klagen anderer Mitglieder des Patentpools Avanci wehren. Eine Entscheidung in dieser Sache hat das Münchner Gericht für den 9. April terminiert. In einem anderen Nokia-Daimler-Verfahren will das Landgericht Mannheim am kommenden Dienstag (11. Februar) eine um eine Woche verschobene Entscheidung verkünden. (vbr)