Elektrohändler AO zieht sich aus Deutschland zurück

Harte Zeiten im Elektrohandel: Der Elektrohändler AO stampft sein Deutschlandgeschäft komplett ein. Das sei der "beste Weg".

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(Bild: AO World)

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Der im Vereinigten Königreich ansässige Elektrohändler AO schließt seine 18 Standorte in Deutschland. Das kündigte AO bereits Mitte Juni an. Der Webshop ist nicht mehr erreichbar. Bereits darüber getätigte Bestellungen werden jedoch noch abgewickelt, heißt es auf der Website von AO. Betroffen von den Schließungen sind etwa 450 Mitarbeiter an 18 Standorten. Das Mutterunternehmen AO World im Vereinigten Königreich ist nicht betroffen.

Bereits Ende Januar 2022 hatte AO eine strategische Überprüfung des Deutschlandgeschäfts angekündigt. Damals hieß es, dass sich das lokale Handelsumfeld in Deutschland verändert habe. Der Wettbewerb auf dem Online-Markt habe sich verschärft. Zudem seien die Kosten für digitales Marketing im Vergleich zu denen vor Pandemiebeginn deutlich angestiegen.

Aus einer Schlussfolgerung des AO-Vorstandes aus der dann erfolgten Überprüfung geht hervor, dass "die Schließung des deutschen Geschäfts der beste Weg ist". Andere Optionen seien geprüft worden. AO habe sich aber aufgrund anhaltender Verschlechterung der Aussichten für das deutsche Geschäft dazu entschlossen, die Tätigkeiten in Deutschland komplett einzustellen – auch aufgrund der Verantwortung gegenüber den Aktionären. Neben der Verschärfung des Wettbewerbs dadurch, dass Konsumentinnen und Konsumenten nach Lockerung der Corona-Maßnahmen wieder stärker lokal einkaufen sowie den gestiegenen Marketing-Kosten nennt AO zusätzlich die beeinträchtigten Lieferketten.

Das Deutschlandgeschäft werde geordnet abgewickelt. Details nennt AO dazu nicht – also auch nicht, was mit den Mitarbeitern geschehen wird.

AO hatte das Deutschlandgeschäft im Herbst 2014 gestartet – zunächst nur mit weißer Ware wie Waschmaschinen. Danach baute AO in Deutschland sein Angebot um kleine Haushalts- sowie TV- und Audio-Geräte aus.

Das ebenfalls von AO angestoßene Geschäft in den Niederlanden und das Deutschlandgeschäft entpuppten sich zusammen jedoch als defizitär. Der Umsatz in den beiden Märkten stieg nicht in dem Maße an, wie nötig gewesen wäre. 2019 zog sich AO deshalb aus den Niederlanden zurück. Schon damals hieß es, dass auch das Deutschlandgeschäft überprüft werde. "Wenn es nicht funktionieren sollte, wäre der Worst Case ein Rückzug auch aus Deutschland", sagte AO-Chef John Roberts.

Dieser Fall ist nun eingetreten. Die Kosten für die Schließung des deutschen Geschäfts werde bis zu 15 Millionen Britische Pfund, etwa 17,6 Millionen Euro, betragen. AO will sich verstärkt auf den britischen Markt konzentrieren. Der Vorstand räumt jedoch ein, dass es auch in Großbritannien aufgrund der makroökonomischen Lage schwierig sei. Im Geschäftsjahr 2021/2022 verzeichnete AO einen Gesamtumsatz von 1,6 Milliarden Britische Pfund, rund 6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Nach Angaben von AO soll das Deutschlandgeschäft rund 10 Prozent am Gesamtumsatz ausgemacht haben.

Auch andere Elektrohändler kämpfen in Deutschland um ihr Überleben. Neben Mediamarkt und Saturn, die einige wenige Filialen geschlossen haben, hat der Elektronikhändler Conrad bis Ende 2022 die Schließung nahezu des gesamten Filialnetzes beschlossen. Conrad will sich stattdessen auf das Online-Geschäft konzentrieren.

(olb)