Online-Werbung: Google muss sich Kartellrechts-Vorwürfen stellen

Erneut duellieren sich Google und die US-Regierung im Gerichtssaal. Die Richterin muss klären, ob Google den Wettbewerb bei Online-Werbung behindert hat.​

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Google-Logo an der Konzernzentrale in Mountain View

(Bild: Skorzewiak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.

Karen Dunn hat viel um die Ohren. Die Anwältin hilft US-Vizepräsidentin Kamala Harris dabei, sich im Rahmen ihres Präsidentschaftswahlkampfes auf eine Fernsehdebatte mit Ex-Präsident Donald Trump vorzubereiten. Zudem verteidigt Dunn ihren Klienten Google vor einem US-Bundesbezirksgericht gegen schwere kartellrechtliche Vorwürfe: Google soll den Wettbewerb behindert haben.

Das von der US-Regierung und mehreren US-Bundesstaaten angestrengte Verfahren ist am Montag vor dem US-Bundesbezirksgericht für das Östliche Virginia in die Gerichtssaalphase eingetreten. Dafür sind vier Wochen anberaumt. Die Kläger werfen Google vor, seit Jahren den Markt für Online-Werbung zu manipulieren, mögliche Mitbewerber gezielt aufzukaufen, und andere Maßnahmen setzen, um Wettbewerb in allen Teilen der Online-Werbekette zu verhindern. Googles Marktanteil liege über 90 Prozent, heißt es in der Anfang 2023 erhobenen Klage.

Diese Marktmacht schade sowohl den Werbetreibenden, die zu viel zahlen müssten, als auch den Betreibern jener Webseiten und Apps, auf denen die Werbung läuft – sie bekämen zu wenig Geld dafür. Dazwischen profitiere Google und nehme sich durchschnittlich 35 Prozent in Form mehrerer Gebühren. Dunn stellt im Namen Googles rechtswidriges Verhalten in Abrede.

"Google ist nicht hier (vor Gericht), weil es groß ist", sagte Julia Tarver Wood, die leitende Anwältin der US-Regierung in diesem Verfahren, in ihrer Eröffnungsrede am Montag, "Es ist hier, weil es diese Größe dazu genutzt hat, den Wettbewerb zu erdrücken." Google dominiert den Online-Werbemarkt mindestens dreifach: durch Google Ads bei Software für Werbetreibende, durch die Reklamebörse Google AdX, und auf Seiten von Webseiten- und App-Betreibern durch den Adserver DFP (Doubleclick for Publishers).

Das ist für sich genommen nicht rechtswidrig. Die Frage ist, wie Google sich diese Marktanteile erarbeitet hat, mit welchen Mitteln es sie verteidigt, und ob Google die Dominanz in einem Markt dazu missbraucht hat, sich Vorteile in einem anderen Markt zu verschaffen. Das wäre illegal. Zu den Vorwürfen der Kläger zählt, dass Google sich in seiner Werbebörse selbst bevorzuge und dadurch eine Art Insiderhandel mit Online-Werbeflächen treibe, dass es Nutzung der eigentlich separaten Angebote DFP und AdX unzulässiger Weise verknüpfe, und dass es sich Meta Platforms, den gefährlichsten Mitbewerber im Online-Werbemarkt, durch einen wettbewerbswidrigen Pakt vom Hals gehalten haben soll.

Wesentlich für Googles Dominanz sind Übernahmen, allen voran jene Doubleclicks. Das Problem für die Kläger: US-Behörden hatten 2007 die Möglichkeit, diesen Deal vor Gericht zu bekämpfen, erkannten aber das Problem nicht: "Nach gewissenhafter Sichtung der Beweise haben wir festgestellt, dass Googles geplante Übernahme Doubleclicks den Wettbewerb wahrscheinlich nicht reduzieren wird", irrte sich damals die Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission). Jetzt soll das Gericht das Rad der Zeit zurückdrehen und Google dazu zwingen, die Werbebörse AdX, den Werbeserver DFP sowie den Dienst Google Ad Manager zu verkaufen.

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Der Datenkonzern möchte davon natürlich nichts wissen, schließlich spielt er mit diesen Angeboten monatlich Milliarden ein. Dunn bot am Montag wenig überraschende Argumente auf: Es gäbe genügend anderen Anbieter, doch würden die Kunden Googles Dienste bevorzugen, weil sie besser seien. Wie von politischen Debatten bekannt, wartete Dunn auch mit Whataboutism auf: Der Prozess konzentriere sich fälschlicher Weise auf Werbung auf Webseiten, während sich das Werbegeschehen heute insbesondere in Sozialen Netzen und auf Smartphone-Apps abspiele.

Das Verfahren heißt USA et al v Google und ist am US-Bundesbezirksgericht für das Östliche Virginia unter dem Az. 1:23-cv-00108 anhängig. Es ist nicht zu verwechseln mit einem Kartellrechtsprozess gleichen Namens, der am US-Bundesbezirksgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia unter dem Az. 1:20-cv-03010 anhängig ist. Dieses Gericht hat bereits festgestellt, dass Googles Suchmaschinen-Geschäfte illegal sind, aber noch nicht entschieden, welche Abhilfemaßnahmen es auferlegt.

Um Vorwürfe des Missbrauchs (s)eines Werbemonopols samt Insiderhandel mit Online-Werbeflächen sowie Bildung einer Art Kartell mit Facebook geht es in einem weiteren Prozess, der seit Ende 2020 am US-Bundesbezirksgericht für das Östliche Texas läuft. Die ursprünglichen Kläger sind die Regierungen Texas’ und neun weiterer US-Staaten, die Google zahlloser vorsätzlicher Verstöße gegen Wettbewerbs- und Verbrauchschutzrecht zeihen. Das Verfahren soll nächsten März in die Gerichtssaalphase eintreten. Inzwischen haben sich weitere Regierungen der Klage (Texas et al v Google, Az. 1:21-cv-06841) angeschlossen.

(ds)