Peoplesoft-Kunden durch Oracle-Angebot verunsichert

Der Übernahmekrimi verunsichert Peoplesoft-Kunden und nützt Mitbewerbern wie SAP.

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Von
  • Axel Kossel

Am Montag ist ein wichtiger Tag im Übernahme-Krieg zwischen Peoplesoft und Oracle. Dann endet für Peoplesoft das aktuelle Quartal und die Anleger sind auf die Umsatzzahlen gespannt. Denn seit dem Übernahmeangebot durch Oracle muss Peoplesoft fürchten, dass Kunden ihre Bestellungen zurückhalten, um die Entwicklung abzuwarten. So hat die Verwaltung von Los Angeles ein 100-Millionen-Dollar-Projekt nach eigenen Angaben auf Eis gelegt. Schlechte Umsatzzahlen würden aber die Position des Software-Hauses schwächen, sodass es womöglich zu Verhandlungen mit Oracle gezwungen wäre.

Ganz offen nutzen Großkunden diese Situation und fordern für sofortige Bestellungen hohe Rabatte. Etliche EDV-Manager von kalifornischen Bezirksverwaltungen, von denen drei Viertel Peoplesoft-Produkte nutzen, haben Staatsanwalt Bill Lockyer in einem Brief aufgefordert, gegen die Übernahme von Peoplesoft durch Oracle Klage einzureichen. Oracle-Sprecherin Jennifer Glass beschuldigt indes Peoplesoft, die eigenen Kunden durch zynische Drohungen zu verunsichern, Oracle werde sie nach einer eventuellen Übernahme nicht unterstützen.

Oracle erwartet am Montag eine Entscheidung, ob das Justizministeriums mehr Informationen zu dem Übernahmeangebot anfordert, um über eine mögliche Kartellklage zu entscheiden. Das würde den Deal zumindest hinauszögern, wenn nicht gar verhindern. Nach Einschätzung von US-Experten für Kartellrecht wird sich die Untersuchung des Justizministeriums womöglich noch Monate hinziehen.

Oracle hat vor rund drei Wochen den Aktionären von Peoplesoft ein feindliches Übernahmeangebot unterbreitet, das nunmehr bei 6,3 Milliarden US-Dollar steht. Experten sehen darin für Oracle die einzige Chance auf Wachstum. Denn der Datenbankriese teilt sich zwar in diesem Marktsegment mit IBM die Führung, doch der Markt entwickelt sich nur noch langsam. Heute wird das Geld nicht mehr mit Datenbanken, sondern mit den Applikationen drum herum verdient. Und diesen Markt dominiert SAP.

Seit etwa drei Jahren soll die Suite Oracle 11i dem Software-Haus neue Geschäftsbereiche erschließen, doch sie war durch anfängliche Probleme schnell als Problemfall verschrien. Oracles Anteil am Applikationsmarkt fiel, während SAP weiter zulegte. Peoplesoft ist ein so interessanter Übernahmekandidat, weil die Firma in einigen Applikationsbereichen wie Personalverwaltung gut positioniert ist, Außerdem generiert sie den Großteil ihres Umsatzes aus Serviceverträgen. Im letzten Quartal waren das 379 Millionen US-Dollar, während der Verkauf von neuen Lizenzen nur 80 Millionen einbrachte.

Für Oracle wären diese Einnahmen aus Serviceverträgen sehr wichtig. Oracle-Chef Larry Ellison beteuert denn auch, er wolle Peoplesoft nicht nur wegen der Kunden übernehmen, um die Produkte der Firma dann einzustampfen. Doch die Angst vor einer solchen Entwicklungen treibt derzeit nach Einschätzungen von US-Analysten immer mehr Kunden zu SAP -- und macht die Walldorfer zu Gewinnern in der Übernahmeschlacht. (ad)