Polizeigesetz Brandenburg: Scharfe Kritik an heimlicher Wohnungsdurchsuchung

Seite 2: "Entscheidende Hürde für Überwachung genommen"

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Auch die brandenburgische Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge sieht vom Staatstrojaner enorme Gefahren ausgehen. Mit der damit einhergehenden Infiltration eines Smartphones oder Rechners sei "die entscheidende Hürde genommen ist, um das System insgesamt auszuspähen", schreibt sie in ihrer Eingabe zu der Anhörung. Generell weite der Regierungsentwurf polizeiliche Datenverarbeitungsbefugnisse deutlich aus und werfe "erhebliche freiheits- und datenschutzrechtliche Bedenken auf".

So solle etwa ein "nicht konkretisierter Gefahrenbegriff" als Eingriffsschwelle für polizeiliches Handeln eingeführt werden, führte Hartge aus. Sie habe "erhebliche Zweifel, dass diese Änderung noch verfassungsmäßig ist". Es entstehe der Eindruck, "dass das Polizeirecht immer weiter dem Recht des Verfassungsschutzes angeglichen werden" solle. Mit der "zeitlichen Vorverlagerung der Eingriffsbefugnisse" werde aber auch der betroffene Personenkreis enorm ausgeweitet.

Die "Kumulation neuer Befugnisse und das Herabsenken der Einschreitschwellen" erhöhen Hartge zufolge die Datenmengen auf ein Besorgnis erregendes Ausmaß. Dies werfe die Frage auf, "ob Brandenburg mit dem Gesetzentwurf nicht bereits nahe an eine flächendeckende vorsorgliche Speicherung aller für die Strafverfolgung oder Gefahrenprävention nützlichen Daten herankommt". So würde etwa die erweiterte, zweiwöchige Speicherfrist bei der Videoüberwachung "eine Vielzahl unbeteiligter Personen über einen langen Zeitraum betreffen, die sich lediglich an einem der benannten Orte aufhalten, ohne dass sie selbst im Zusammenhang mit der Straftat stehen oder selbst eine begangen hätten". Auch der Einsatz von Bodycams müsse zunächst getestet und evaluiert werden. Das geplante "Pre-Recording" von 60 Sekunden in einem Kurzzeitspeicher sei verfassungsrechtlich "äußerst problematisch".

Praktiker wie Nils Kößler aus dem Landespolizeipräsidium Hessen oder der frühere Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt bezeichneten das Vorhaben dagegen als zwingend erforderlich und ausgewogen. Allenfalls sei zu überlegen, ob die vorgesehene Schleierfahndung noch ausgeweitet werden sollte. Wenn diese auf einzelne Hauptverkehrswege beschränkt bleibe, könne sich eine Lücke öffnen. Zudem sollte klargestellt werden, dass die Polizei auch virtuelle Währungen pfänden dürfe. Thomas Bode vom Bund deutscher Kriminalbeamter meinte, dass der Entwurf zu stark auf die Terrorabwehr ausgerichtet sein könnte und größere Bedrohung für Heranwachsende wie Crystal Meth außen vor lasse. Die Abgeordneten wollen das Dossier nun weiter beraten und vor einem Beschluss voraussichtlich im März gegebenenfalls noch mögliche Korrekturen festzurren. (anw)