Prozess gegen El Chapo: Drogenboss setzte auf Spyware und half so den Ermittlern
In New York steht der Boss des Sinaloa-Drogenkartells vor Gericht. Der hat sein engstes Umfeld überwacht und Ermittlern einen Schatz offengelegt.
Einer der mächtigsten Drogenbosse Mexikos hat auf Telefonen seiner engsten Vertrauten Überwachungs-Apps installiert und US-Ermittlern damit tiefe Einblicke in seine intimste Kommunikation ermöglicht. Das wurde beim Prozess gegen Joaquín Archivaldo Guzmán Loera alias "El Chapo" deutlich, der derzeit vor einem US-Bundesbezirksgericht in New York geführt wird. Dort sagte diese Woche ein Mann aus, der dem Chef des Drogenkartells Sinaloa bei der IT geholfen hat, dann aber mit dem FBI kooperierte, wie Reuters berichtet.
Spektakulär geflohen
El Chapo hatte jahrelang das Sinaloa-Kartell angeführt, das neben Drogenhandel auch Geldwäsche und Menschenhandel betreibt. Ihm war es zwei Mal gelungen, aus einem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis zu flüchten, bevor er Anfang 2016 zum dritten Mal gefasst wurde. Ein Jahr später wurde er an die Vereinigten Staaten ausgeliefert, wo ihm seit mehreren Wochen der Prozess gemacht wird. Ihm werden Morde und umfangreicher Drogenschmuggel mit Kokain und Heroin vorgeworfen. Aus Sicherheitsgründen bleiben die Geschworenen in dem Verfahren anonym.
In den Verhandlungen wird nun deutlich, wie die US-Ermittler vorgegangen sind und Zugriff auf private Chats und Telefonate erlangen konnten. Den Ausführungen des IT-Verantwortlichen von El Chapo zufolge war der Drogenboss höchst paranoid und vertraute auch seinem engsten Umfeld nicht. Deswegen habe er beispielsweise rund 50 Smartphones mit Spyware ausgestattet, damit Guzmán diese jederzeit ausspionieren konnte, erklärte der Helfer. Auch auf dem Gerät seiner Ehefrau Emma Coronel Aispuro ließ El Chapo demnach FlexiSpy installieren.
2010 war es dem FBI demnach gelungen, den Admin als Spitzel zu engagieren und mit dessen Hilfe nach und nach mehr Zugang zur Kommunikation des Kartellchefs zu erhalten. Unter anderem gelangten die Ermittler auf diesem Weg an Schlüssel für die kryptographisch abgesicherte Kommunikation. Außerdem erreichten sie demnach, dass FlexiSpy alle gesammelten Daten herausgeben musste und konnten dadurch die Chats zwischen El Chapo und seiner Ehefrau einsehen.
Einblicke ins Sinaloa-Kartell
Wie die New York Times erklärt, sind die nun dem Gericht gezeigten Chats und Telefonmitschnitte vernichtend für Guzmán und seine Anwälte. Zu hören sei etwa, wie die Bestechung von mexikanischen Polizisten besprochen wird, teilweise mit den Beamten persönlich. Einem Untergebenen habe er gesagt: "Jage keine Polizisten, sie sind da um zu helfen." Auch den Drogenschmuggel diskutiere er ausführlich, nicht nur mit Mitgliedern des Kartells, sondern auch mit seiner Ehefrau – und einer Geliebten. Mit beiden Frauen tauschte Guzmán Reuters zufolge nicht nur alltägliche, romantische Worte, sondern auch immer wieder Details seiner Beschäftigung.
Die auf seine Anweisung hin überwachten Smartphones bezeichnete der Drogenboss demnach als seine "speziellen Telefone". Es habe ihm auch nicht gereicht, Telefonate und Textnachrichten einsehen zu können, sondern habe sich später die Möglichkeit einrichten lassen, aus der Ferne das Mikrofon anschalten zu können. So habe er etwa angehört, was Kontakte direkt nach einem Gespräch mit El Chapo über ihn sagten. Außerdem konnte er so lesen, wie seine Geliebte über ihn lästerte und Warnungen vor der Spionage mit den Worten abtat: "Stell dir vor! Ich bin schlauer als er." (mho)