Prüfverfahren für Auto-Abgase: Tauziehen um strengeren Straßentest RDE

Der Abgas-Skandal bei VW hat nicht nur den Konzern, sondern auch die bisherigen Abgastests in Verruf gebracht. Das Testverfahren Real Driving Emissions soll genauere Daten im praktischen Fahrbetrieb liefern. Über die weitere Ausgestaltung wird gestritten.

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Auspuff, VW, Volkswagen, Abgas-Skandal
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Seit Anfang 2016 wird das Testverfahren Real Driving Emissions (RDE) der Europäischen Union getestet, um unter anderem den Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden (NOx) bei Autos zu messen. Das neue Testverfahren soll im Vergleich zu früheren Verfahren Daten zu Emissionen im realen Betrieb der Autos auf der Straße liefern.

Bisher fanden Kontrollen auf Rollenprüfständen in klimatisierten Hallen statt, was unter anderem durch den VW-Abgas-Skandal in Verruf geraten ist. Jetzt verhandeln Industrie, Politik und Nichtregierungsorganisationen in Brüssel über die Ausführungsbestimmungen von RDE. Am 17. Januar wird in einer Arbeitsgruppe über das mittlerweile vierte RDE-Paket beraten.

Ein wesentlicher Punkt in den Verhandlungen ist die Frage, ob „in-use cars“ oder Prototypen getestet werden. Einige Industrievertreter wollen bei diesen im Szenejargon „Golden Cars“ genannten Autos bleiben.

Die unabhängige Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) spricht sich hingegen deutlich für "in-use cars" aus. Sie setzt sich zudem für die Berücksichtigung von Kaltstartphasen ein, die bisher aus den Straßenmessungen ausgenommen sind, aber als besonders relevant gelten. In Städten, wo die Abgasbelastung wegen der Bevölkerungsdichte hoch ist, werden viele kurze Strecken bei niedrigen Geschwindigkeiten gefahren. Die negativen Auswirkungen sind darum größer als anderswo.

Die ICCT führt auf, was schärfere Prüfverfahren bedeuten könnten.

(Bild: ICCT)

Auch sollte laut ICCT durch das fortlaufende Absenken des Conformity Factors moderater Druck auf die Entwicklung der Abgasreinigungstechnik ausgeübt werden. Die Ausnahme großer Leistungsanforderungen des Motors sowie sehr niedriger oder hoher Temperaturen aus den Tests sieht ICCT als Prüflücke. Besonders effektive Abgasreinigungen könnten mit einem zertifizierten und öffentlichkeitswirksamen "Green Label" belohnt werden.

Ob RDE entweder besonders lasch oder streng ausgelegt wird, mache laut Berechnungen der ICCT einen deutlichen Unterschied: Heute liegen die jährlichen NOx-Emissionen bezogen auf die 28 EU-Staaten bei etwa 1,75 Millionen Tonnen. Bei RDE mit härteren Auflagen wäre es möglich, die Emissionen im Jahr 2030 auf 0,58 Mio t/a zu reduzieren. Ein zusätzlicher "market shift" (= sinkender Verkaufsanteil von Dieselfahrzeugen) könnte weitere Einsparungen bringen.

Für die Weiterentwicklung von RDE wird bis Ende des Jahres ein Beschluss erwartet. Da es hier um einen „Erlass zu Durchführungsbestimmungen“ geht, wird das so genannte Komitologie-Verfahren angewandt. Vereinfacht gesagt müssen bei der finalen Abstimmung 55 Prozent der EU-Staaten, die zugleich mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, für die Vorlage sprechen.

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(kbe)