Quelle von natürlichem Wasserstoff in Australien entdeckt

Die Suche nach natürlichem Wasserstoff hat in den jüngsten Jahren einen Hype erlebt, unter anderem in Australien. Wie steht es in Europa um anzapfbare Quellen?

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(Bild: peterschreiber.media / Shutterstock.com)

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Von
  • Hanns-J. Neubert
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Würde Wasserstoff direkt gewonnen, erübrigte sich die teure Erzeugung mithilfe von regenerativen Strom. Die Suche nach diesem so genannten weißen Wasserstoff ist dann auch in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Hype geworden.

Inzwischen vermelden zahlreiche Explorationsfirmen größere und ergiebigere Vorkommen überall auf der Erde. So Anfang November das australische Unternehmen Gold Hydrogen. Es hatte ein besonders ergiebiges, so genanntes "aktives" Wasserstoff-System in 240 Metern Tiefe in Südaustralien entdeckt. "Aktiv" bedeutet, dass es eine wirkliche Quelle ist, in der sich Wasserstoff immer wieder neu bildet, also regenerativ ist. Ob sie aber für eine wirtschaftliche Nutzung ausreicht, steht noch in den Sternen. Das Unternehmen gibt für die gefundene Quelle einen Reinheitsgrad von 73,3 Prozent, also eine recht hohe Konzentration an.

Neu ist die Erkenntnis nicht, dass Wasserstoff an vielen Stellen aus den Tiefen der Erde aufsteigt. Nur glaubte kaum jemand, dass sich die kleinen Moleküle dieses extrem reaktionsfreudigen Gases irgendwo in Reservoiren unter einer absolut gasdichten Gesteinsschicht anreichern könnten. Auch schien es nicht sehr wahrscheinlich, dass das Erdinnere laufend größere Mengen nachproduzieren könnte.

Natürlicher Wasserstoff entsteht, wenn eisen- oder magnesiumhaltiges Gestein chemisch mit Wasser regiert. Diese natürliche, gleichzeitig aber recht schnelle Reaktion nennt sich Serpentinisierung.

Radioaktive Spurenelemente dagegen spalten Wassermoleküle im Tiefenwasser durch ihre Strahlung. Dieser Radiolyse genannte Vorgang ist aber ein geologisch äußerst langsamer Prozess.

Ebenfalls sehr langsam gasen freie Wasserstoffmoleküle aus, wenn Schwefelkies (Pyrit) aus Eisen und Sulfiden in sauerstofffreien Hydrothermalquellen entsteht.

Eine Milliarde Kubikmeter Wasserstoff könnten in den Kerngebieten der Kontinente jährlich weltweit entstehen, schätzt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Es dürfte aber nur wenige Stellen geben, wo die Deckschichten so dicht sind, dass sie die kleinen Wasserstoffmoleküle zurückhalten und so anzapfbare Reservoire bilden, die wie Erdgasvorkommen ausgeschöpft werden können.

Aber selbst wenn das irgendwo der Fall sein sollte, leben in flacheren Gesteinsschichten Mikroorganismen, die sich von Wasserstoff ernähren und Methan produzieren. In tieferen Schichten verbindet sich der reaktionsfreudige Wasserstoff außerdem gerne mit anderen Gesteinschemikalien, wobei Wasser, Methan und andere mineralische Verbindungen entstehen.

Einen Glücksfall gab es da wohl 1987 in Mali: In der Nähe des Dorfes Bourakébougou bohrten Ingenieure des malischen Unternehmens Hydroma auf der Suche nach Grundwasser ein 108 Meter tiefes Loch. Wasser fanden sie nicht. Aber die Dorfbewohner berichteten von einem dauernden leichten Luftzug aus der Tiefe. Fünf Jahre später schaute ein Rohstoffexperte mit brennender Zigarette in das Loch. Der Luftstrom entzündete sich. Über viele Wochen loderte danach eine bläuliche Flamme aus dem Bohrloch. Der Experte kam mit Verbrennungen davon. Bei genauerer Analyse stellte sich heraus, dass der ominöse Luftzug zu 98 Prozent aus Wasserstoff bestand. Konzentration und Menge waren genug, um dann einen wasserstoffbetriebenen Motor zu installieren, der kostenlosen Strom für das Dorf lieferte. Heute ersetzt eine effektivere Brennstoffzelle den alten Motor.

In Europa gibt es einige vielversprechende Quellen natürlichen Wasserstoffs, etwa in Frankreich, Spanien, Skandinavien, aber auch in Deutschland. Wieviel sich daraus aber fördern lässt, ist völlig unklar. Sie dürften leider nicht wesentlich dazu beitragen, die Klimaziele der EU bis 2030 oder 2050 einfacher zu erreichen. Bis die Technik zu deren Ausbeutung ausgereift ist, dürften noch einige Jahre vergehen.

Erfolg versprechender scheinen dagegen Explorationen in Afrika zu sein. Seit vergangenem Jahr untersuchen nämlich Forscher im europäischen Projekt "HyAfrica" die Möglichkeiten, vor allem in Marokko, Mosambik, Südafrika und Togo Quellen zu finden, um mit natürlich vorkommendem Wasserstoff die Energieversorgung vor Ort zu verbessern.

Inzwischen soll auch künstliche Intelligenz bei der Suche helfen. Das britische Unternehmen Getech hat nach eigenen Angaben ein Verfahren entwickelt, in dem das Wissen über die geochemische Bildung von Wasserstoff mit eigenen Geodaten und selbst entwickelten Algorithmen kombiniert werden. Damit sollen Karten möglicher Vorkommen erstellt werden.

Weitgehend unerforscht ist allerdings, wie sich eine weit verbreitete Förderung von geogenem Wasserstoff klimatisch auswirkt.

Wasserstoff selbst ist zwar nicht klimawirksam. Aber er verändert die Zusammensetzung der Atmosphäre und wirkt so indirekt aufs Klima. Er verbindet sich nämlich mit reaktionsfreudigen Sauerstoffverbindungen zu Wasser. Diese sogenannten OH-Radikale sind aber wichtig für den Abbau von Klimagasen, wie Methan, die dadurch länger in der Atmosphäre verbleiben. Diese indirekte Klimawirkung des Wasserstoffs könnte über 20 Jahre 33 Mal höher sein als die von CO2, über 100 Jahre immerhin noch fünfmal höher, wie das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus berechnete.

(jle)