Richtig versteuern: Kryptogeld-Millionär, was nun?

Seite 3: Keine Steuerpflicht nach einem Jahr Haltefrist

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Wenn der Verkäufer die Kryptowährung bei Anwendung einer der oben genannten Methoden erst verkauft, nachdem er sie mindestens ein Jahr gehalten hat, ist der Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig. Der Gesetzgeber hat für andere Wirtschaftsgüter in § 23 EStG eine Spekulationsfrist von einem Jahr aufgenommen. Danach sind private Veräußerungsgeschäfte nur steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Auch aus diesem Grund spielt die Anwendung der zuvor genannten Methode eine große Rolle. Die Haltefrist wird auch eingehalten, wenn man die Coins von einer Wallet auf eine andere Wallet überträgt. Wichtig ist dabei nur, dass die Einhaltung der Haltefrist eindeutig nachgewiesen werden kann und nicht durch eine Vermischung von Coins auf einem Wallet oder einer Exchange erschwert wird. Dies ist insbesondere zu beachten, wenn der Verkäufer sowohl langfristiger Anleger ist als auch kurzfristige An- und Verkäufe tätigt. Bei einem gewerblich tätigen Händler greift die Jahresfrist nicht. Die Spekulationsfrist gibt es nur für private Veräußerungsgeschäfte.

Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft unterliegen der Einkommensteuer mit einem progressiven Steuersatz. Das bedeutet, dass sich die Höhe der Steuern nach den Gesamteinkünften richten. Die Abgeltungsteuer von 25 Prozent greift nur bei besonderen Geschäften wie beispielsweise Future-Handel oder im Falle des Verkaufs von Token, die eine unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft darstellen. Letzteres ist bei den herkömmlichen Kryptowährungen nicht gegeben. Wegen der Anwendung des persönlichen Steuersatzes ist bei hohen Gewinnen, wie dies 2017 häufig der Fall war, schnell der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erreicht, wenn nicht sogar der Reichensteuersatz von 45 Prozent. Der erzielte Gewinn ist in der Anlage SO (Sonstige Einkünfte) unter der Rubrik "Andere Wirtschaftsgüter“ einzutragen.

Verluste aus Veräußerungsgeschäften werden mit Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften verrechnet und können auch für ein Jahr zurückgetragen als auch vorgetragen werden. Wenn Coins allerdings verloren gegangen sein sollten, sei es wegen der Insolvenz einer Börse oder weil der Datenträger mit den Coins auf der Mülldeponie landete, dann hat man Pech gehabt. Im Rahmen von privaten Veräußerungsgeschäften ist so ein Totalverlust von Kryptowährungen nicht abzugsfähig.

Gerade wenn man viele Kryptogeldtrades tätigt, stellt die Steuererklärung mittlerweile eine große Herausforderung dar. Es reicht nicht, dem Finanzamt die Summe der Veräußerungsgewinne mitzuteilen und die Adressen der Börsen zu nennen. Vielmehr muss die Behörde in die Lage versetzt werden, den Steuersachverhalt prüfen zu können. Daher ist die Vorlage einer detaillierten Transaktionshistorie notwendig. Auch wenn es in vielen Fällen äußerst aufwändig ist, müssen die An- und Verkäufe chronologisch dargestellt werden.

Als Steuerberater man ist hierbei darauf angewiesen, dass die Mandanten die Daten komplett zur Verfügung stellen. Je mehr Daten und Informationen vorliegen, umso besser. Als Unterlagen dienen die CSV-Daten von den Börsenportalen, ebenso wie Downloads und Screenshots von den Wallets. Der Steuerberater muss den Steuersachverhalt genau prüfen können. Die Daten werden dann mit einem Tabellenprogramm aufbereitet, wobei natürlich die steuerlichen Aspekte beachtet werden müssen.

Noch schwieriger wird es, wenn Nutzer nicht nur den konventionellen Kryptogeldhandel auf Börsen betreiben. Die vielen Initial Coin Offerings mit ihren Token-Sales und weitere neue Investitionsmöglichkeiten, die vor allem vergangenes Jahr für Aufsehen sorgten, haben auch zu einem bunten Strauß verschiedenster Geschäfte geführt. So werden neu geschaffene Coins an Besitzer von Kryptowährungen ausgeschüttet (Airdrops), Bitcoins verliehen, plötzlich erhält man automatisch noch zusätzlich Bitcoin Cash und vorletztes Jahr gab es ja auch schon Ether Classic. Auch die Beteiligung an Poolmining-Portalen hat in diesem Jahr wieder stark zugenommen. Ein Potpourri von Kryptoinvestitionen.

Werden diese Geschäfte dann noch gemeinsam mit anderen Personen getätigt, stellt die Steuererklärung schon eine erhebliche Herausforderung dar. Eine offizielle Stellungnahme seitens der Finanzverwaltung zur Besteuerung all dieser Sachverhalte gibt es noch nicht; selbst der einfache Handel war bisher noch nicht Gegenstand einer für die Finanzämter verbindlichen Verfügung. Es steht zu befürchten, dass das für die deutsche Finanzverwaltung auch noch eine Weile Neuland bleiben wird.

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(axk)