SCO vs. Linux: SCO fordert ungehinderten Zugang zu den Beweisen

Der Antrag der SCO Group bei Gericht, mehr Suchmöglichkeiten in den IBM-Archiven zu bekommen, kann als Eingeständnis von SCO gewertet werden, bis jetzt nicht die erhofften Beweise für unrechtmäßig transferierten Code gefunden zu haben.

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Von
  • Detlef Borchers

Im Verfahren um möglicherweise unrechtmäßig aus System V nach Linux transferierten SCO gehörenden Source-Code durch IBM hat die SCO Group einen Antrag vor Gericht eingereicht, durch den die Suchmöglichkeiten in den Archiven von IBM erheblich erweitert werden sollen. Sollte der Eingabe stattgegeben werden, sind weitere Verzögerungen im Verfahren zu erwarten. Gleichzeitig kann die Eingabe als Eingeständnis von SCO gewertet werden, bis jetzt nicht die erhofften Beweise für unrechtmäßig transferierten Code gefunden zu haben.

In dem "erneuerten Antrag auf Erfüllung der Gerichtsorder" führen die Rechtsanwälte der SCO Group aus, dass IBM nicht wie im März vom Gericht festgesetzt alle nötigen Dokumente überreicht habe, die benötigt würden, um den Stillstand im Verfahren zu überwinden. So habe IBM nicht den vollen Einblick in seine Programme zur Versionskontrolle, CMVC (Configuration Management Version Control) und RCS (Revision Control System) gestattet und damit SCOs Beweissuche nachhaltig behindert. Daher wird der unbeschränkte und unbehinderte Zugang (unfettered access) zu diesen Systemen gefordert. Diesem juristischen Zugangsbegriff entspricht computertechnisch das volle Lese- und Schreibrecht in den Systemen, das von IBM wiederholt abgelehnt wurde.

Zusätzlich werden sämtliche Notizen und Memoranden eingefordert, die IBM-Chef Palmisano und der für Linux zuständige Manager Wladawsky-Berger verfasst haben. IBM habe nur nur ein Positionspapier von Palmisano überreicht, von Wladawsky-Berger überhaupt nichts. Außerdem fordert SCO sämtliche Dateien (full files) aus dem Verwaltungsrat der IBM an, darin inbegriffen sämtliche Sitzungsprotokolle und alles dazugehörige relevante Material. Diese Form der umfassenden Offenlegung hatte SCO zuvor nur bei der FSF geltend gemacht. Um die Suche nach den Beweisen für die unrechtmäßige Code-Übertragung fortführen zu können, möchte SCO von IBM zudem die Kontaktdaten von 134 Personen haben und zusätzlich zu diesen die Namen und Anschriften aller Zeugen, die IBM noch zu einer Anhörung in diesem Verfahren bestellen möchte.

Zur neuen Eingabe der SCO Group liegt noch keine Stellungnahme von IBM vor. Pressesprecher verweisen lediglich auf eine Erklärung, nach der IBM alle von SCO geforderten Dokumente und den Quellcode vollständig und rechtzeitig geliefert und der Anordnung des Gerichtes Folge geleistet hat. In seinem Blog zu den von SCO angestrengten Prozessen erklärt der US-Anwalt die neuerliche Eingabe als letzte Chance von SCO, den Prozess fortzuführen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (anw)