Schlechte Aussichten bei den Chip-Auftragsherstellern
Das taiwanische Unternehmen TSMC korrigiert Prognosen deutlich nach unten.
Die Nummer eins unter den Halbleiter-Auftragsfertigern, das taiwanische Unternehmen TSMC, bringt schlechte Neuigkeiten. Im laufenden Quartal soll die Auslastung der teuren Anlagen deutlich sinken, statt, wie noch vor vier Wochen voller Optimismus verkündet, von zuletzt 85 auf "über 85 Prozent" zu steigen. Diese drastische Wendung der wirtschaftlichen Prognose eines wichtigen Halbleiterunternehmens -- TSMC gehört zu den drei größten taiwanischen Firmen -- werten Insider als sehr schlechtes Zeichen. Die Aktie von TSMC fiel an der New Yorker Börse um über 18 Prozent auf aktuell 9,08 US-Dollar.
Dabei hat sich das Geschäft bei TSMC im letzten Quartal und auch im gesamten abgelaufenen Halbjahr im Vergleich zum katastrophalen Vorjahr sehr positiv entwickelt: Die Umsätze im Juni lagen um 83,4 Prozent über denen vor einem Jahr. Die Firma verdient auch weiterhin Geld: Im zweiten Quartal waren es mit 9,31 Milliarden TWD immerhin etwa 262 Millionen Euro. Doch angesichts der voraussichtlich schlechten Auslastung der teuren Anlagen kürzte das Unternehmen seine Investitionsplanung für das laufende Jahr um rund 20 Prozent auf weniger als zwei Millionen US-Dollar.
Auch viele andere Halbleiterfirmen haben wegen der anhaltend schlechten Wirtschaftslage keine Lust auf Investitionen, obwohl sie im harten Preiskampf der Chipindustrie nur durch laufende Hochrüstung der Fertigungsanlagen auf kostengünstigere Verfahren bestehen können. Diese Knausrigkeit bekommen die Anlagenhersteller zu spüren, zu denen Firmen wie Applied Materials, ASML, Carl Zeiss, oder die Jenoptik-Tochter M+S Zander gehören.
Die letzten Zahlen des Verbandes der US-amerikanischen Hersteller von Chipfertigungsanlagen SEMI sehen allerdings noch recht optimistisch aus. Die Industrievereinigung lässt monatlich die von den Mitgliedsunternehmen gemeldeten Umsatzzahlen und Auftragseingänge von der Beraterfirma David Powell, Inc. analysieren und veröffentlicht jeweils gleitende Mittelwerte aus den Angaben zu drei Monaten. Diese Werte zeigen für den Juni 2002 ein weltweites Marktvolumen von 906 Millionen US-Dollar, vier Prozent mehr als im Mai. Damit setzt sich der Wachstumstrend nun seit sieben Monaten fort ebenso wie beim Auftragseingang. Das Book-to-Bill-Verhältnis lag im Juni bei 1,28 und damit über dem Mai-Wert von 1,27.
Der SEMI-Chef Stanley Myers spricht allerdings vorsichtig von "unterschiedlichen Signalen" der Chiphersteller in Bezug auf ihre Investitionspläne und eine unheinheitliche Einschätzung des Wachstumspotenzials im laufenden Jahr. Doch er verweist auch auf den kürzlich veröffentlichen "Consensus Forecast" seines Verbandes, der nach einer Schrumpfung des Marktes um 18,8 Prozent auf 22,76 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr ein Wachstum um 29,4 Prozent im kommenden Jahr prognostiziert. Auch in 2004 soll es weiter aufwärts gehen, nämlich um 22,8 Prozent auf dann 36,71 Milliarden US-Dollar. Im Jahre 2005 erwarten die Anlagenfirmen eine Stagnationsphase mit nur 0,1 Prozent Wachstum.
Vom fetten Jahr 2000, als monatlich Anlagen im Wert von bis zu 2,2 Milliarden US-Dollar Abnehmer fanden, kann die Branche einstweilen also nur weiter träumen. (ciw)