Schmid ante portas

In diesem Jahr gibt Mobilcom-Gründer Schmid auf der Hauptversammlung am Freitag vermutlich eine neue Rolle als tragische Figur.

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Von
  • Eckart Gienke
  • dpa

Bei den Hauptversammlungen des schleswig-holsteinischen Mobilfunkunternehmens Mobilcom steht Gerhard Schmid seit Jahren im Mittelpunkt: Als Vorstandsvorsitzender wurde er im New-Economy-Boom von den Aktionären wegen gigantischer Kurssteigerungen in den Himmel gelobt. Nach dem Absturz der Aktie und der Beinahe-Pleite des Unternehmens diente der schillernde Unternehmensgründer als Buhmann und wurde auf der Hauptversammlung 2003 von Aktionären angeherrscht: "Sie sind hier nicht mehr erwünscht."

In diesem Jahr nun gibt Schmid am morgigen Freitag eine neue Rolle als tragische Figur. Erneut will er bei der Hauptversammlung antreten und gemeinsam mit anderen Aktionären eine Klage gegen den Ex-Partner France Telecom erzwingen, der nach Schmids Lesart Milliardenschäden bei Mobilcom angerichtet hat. Die Sache, für die er kämpft, wird von fachkundigen Juristen als aussichtslos eingestuft. Professor Knut Werner Lange von der Universität Witten/Herdecke kommt in einem eigens für die Hauptversammlung verfassten Gutachten zu dem Schluss, dass der Vorstand pflichtgemäß handele, wenn er keine Klage gegen France Telecom anstrenge. Ohne die Franzosen wäre Mobilcom schon 2002 vermutlich völlig von der Bildfläche verschwunden.

Mittlerweile hat der Ex-Milliardär seine private Insolvenz erklärt und lebt nach eigenen Worten vom Geld seiner Frau. Sybille Schmid- Sindram hält nach Berichten von Spiegel und Stern noch rund 2,9 Millionen Mobilcom-Aktien, die ihr der Gatte nach seiner Darstellung zu besseren Zeiten geschenkt haben will. Weil Schmid sich aber vertraglich verpflichtet hat, sämtliche Mobilcom-Aktien an einen Treuhänder abzugeben, hat er nun ein weiteres Ermittlungsverfahren der Kieler Staatsanwaltschaft am Hals. Über die Vielfalt der Rechtshändel, in die er verwickelt ist, besitzt bestenfalls Schmid selbst noch den Überblick.

Der Kieler FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ist mittlerweile Teil von Schmids Interessennetzwerk. Er verfügt über 800.000 Aktien, die Schmid-Sindram ihm zur Absicherung diverser Honoraransprüche und Gerichtskosten als Sicherheit übereignet hat. Auch bei dem Erwerb einer halbfertigen Schmid-Immobilie durch Schmid-Sindram in Kiel für 13 Millionen Euro war Kubicki dabei. Er will "aus voller Überzeugung" bei der Hauptversammlung in Berlin für Schmids Anträge stimmen.

In der Mobilcom-Zentrale in Büdelsdorf ist die Führungsetage genervt über den umtriebigen Ex-Chef und würde sich lieber ums Geschäft kümmern. Vorstandschef Thorsten Grenz betreibt mit Nachdruck die Fusion mit der Tochtergesellschaft freenet.de. Bis zum August sollen außerordentliche Hauptversammlungen die notwendigen Weichen für die Fusion stellen. Noch allerdings ist freenet-Chef Eckhard Spoerr nicht in dem Maße begeistert von der Idee, wie Grenz es sich wünscht, und leistet hinhaltenden Widerstand. Diesem Thema wird der Mobilcom-Chef bei der Hauptversammlung nicht ausweichen können. Der Rest der Veranstaltung, die wegen Raumproblemen erstmals in Berlin abgehalten wird, ist für die Aktionäre angenehme Routine: Zum zweiten Mal zahlt Mobilcom eine Dividende, diesmal von 25 Cent je Aktie. (Eckart Gienke, dpa) / (tol)