Schwarze Magie und ein neues Flaggschiff – die Fotonews der Woche 36/2023

MFT wird wieder deutlich interessanter, robuste Kompaktkameras leben weiter, und ein Emporkömmling im Filmgeschäft macht dem Marktführer Kopfschmerzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen

Sieht aus wie eine spiegellose Fotokamera, ist aber Blackmagics Angriff auf Canon und Co. fürs Filmen.

(Bild: Blackmagic Design)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Wer eine journalistische Ausbildung gleich welcher Art durchläuft, lernt von seinen Chefs schnell: Wortspiele sind nur ganz, ganz selten witzig. Aber was soll man denn machen, wenn sich eine Firma schon selbst "Blackmagic" nennt, also "Schwarze Magie"? Und es wirklich wie Zauberei anmutet, wie ihre Produkte zu solchen Preisen machbar sind?

c't Fotografie 3/24

Aktuell hat Blackmagic seinen Ruf als Preisbrecher wieder einmal verteidigt, denn die nun vorgestellte "Cinema Camera 6K" kostet nur etwas mehr als die Hälfte einer Canon EOS C70. Dennoch bietet sie mehr nutzbare Auflösung, wie der Name schon nahelegt, denn die C70 ist auf 4K ausgelegt. Beide sind natürlich für das professionelle Filmen gebaut, kaum für das Fotografieren. Zu den neuen Standbildmachern dieser Woche kommen wir gleich.

Die Blackmagic könnte aber auch für den Fotomarkt kaum relevanter sein, denn sie setzt als erstes Gerät des Herstellers auf den L-Mount. Der ist damit deutlich gestärkt worden, denn im lukrativen Geschäft mit Filmgeräten lohnt sich die Entwicklung von guten Optiken nun noch stärker, von denen dann auch Fotografen etwas haben. Schon vor Monaten gab es Gerüchte, dass Blackmagic der L-Mount-Alliance beitreten wolle. Jetzt ist das geschehen und es ist auch klar, warum das Unternehmen zögerte: Eine so große Neuerung wie die 6K-Kamera zum Spottpreis von 2600 US-Dollar wollte man mit einem Knall ankündigen.

Ob man den Knall von der Messe IBC in Amsterdam bis nach Japan gehört hat, darf indes getrost bezweifelt werden, denn Canon ist nicht für hektische Preissenkungen bekannt. Erst einmal dürfte man sich einige der Konkurrenzgeräte besorgen und auseinandernehmen, um herauszufinden, wie ein Vollformatsensor in einem so kompakten Gehäuse zu diesem Preis machbar ist. Wer sich übrigens über die krumme Auflösung von 6K gegenüber dem aktuellen Produktionsstandard von 4K wundert, übersieht, dass das nachträgliche Beschneiden des Bildausschnitts im Filmgeschäft zum üblichen Workflow gehört.

Das ist inzwischen so etabliert, dass auch große YouTuber, deren Inhalte überwiegend auf Smartphones konsumiert werden, mit bis zu 12K-Auflösung filmen, um in der Nacharbeit Zooms und andere Bildausschnitte ohne Schärfeverlust zu realisieren. Das ist ein gängiges Gestaltungsmittel, die reinen Jump-Cuts reichen für den angesagten Look schon lange nicht mehr. Solche Teams bestehen aus mehreren Leuten, da vermisst man dann auch nicht das fehlende Klappdisplay, der Bildschirm lässt sich nur nach oben schwenken. Das Bild zu kontrollieren, während man sich selbst filmt, ist so kaum möglich. Die Vorgänger aus der Linie "Pocket Cinema" wollte man wohl nicht ganz umbauen. Grob vereinfacht: Vollformat-Sensor rein, L-Mount dran – fertig ist der Preisbrecher.

Ein solcher ist die Lumix G9 II leider nicht, 1.900 Euro für einen Micro-Four-Thirds-Body wirken auf den ersten Blick recht happig. Wie schon der Vorgänger ohne die II im Namen ist diese Lumix jedoch eine recht große Kamera mit auch professionellem Anspruch. 25 statt 20 Megapixel Auflösung, Cinema-4K, besserer Sensorstabilisator und ein KI-Autofokus sind die Highlights. Wie stark sich das auch fürs Fotografieren auswirkt, hat Petapixel in einem unterhaltsamen Video gezeigt, alle technischen Daten auch zu neuen Leica-Objektiven für MFT bietet unsere ausführliche Meldung.

Ein richtiger Exot ist MFT also nicht mehr, auch wenn man sich angesichts weniger Neuvorstellungen in den letzten Jahren schon Sorgen machen konnte. Gleich verhält es sich mit den robusten Outdoor-Kameras im Kompaktformat – einem Bereich, aus dem sich unter anderem Nikon lange zurückgezogen hat, denn nutzbare Auflösungen unter 20 Megapixeln bietet auch seit Jahren jedes bessere Smartphone. Mit denen sollte man aber lieber nicht 15 Meter tief tauchen, wie das mit der neuen TG-7 von OM System möglich ist.

Der fast identische Vorgänger TG-6, noch mit Olympus-Logo, ist insbesondere bei Tauchern mit Schnorchel oder Atemgas seit Jahren recht beliebt, was nicht nur an der grundlegenden Funktion liegt. Es gibt nämlich für unter 300 Euro auch ein echtes Unterwassergehäuse mit Bedienelementen, das bis zu 45 Meter erlaubt. Zusammen mit der Kamera und etwas Zubehör wie Leuchten kommt man so für unter 1000 Euro zu einem brauchbaren Unterwassersystem, was mit SLR-Kameras schlicht nicht zu machen ist. Makros ab einem Zentimeter, USB-C sowie Steuerung per App und mehr interne Bildbearbeitung wie die Entfernung von Staub – daher Bau-Modus genannt – sind die augenfälligen Neuerungen.

Gleich zweimal hinsehen muss man auch bei der Fujifilm GFX 100, denn diese Mittelformatkamera wirkt fast wie eine Spiegelreflex. Die kommen aber auch in den neuesten Generationen nicht auf 102 Megapixel native Auflösung, Pixel-Shift gilt hier im Vergleich nicht. Und durch den Riesensensor sind auch 8K-Videos kein Problem, wer schnell noch nach oben zur Blackmagic scrollt: Die Fuji kostet 8000 Euro und wiegt schon ohne Objektiv ein Kilo.

Für eine Mittelformatkamera ist das wenig, aber eben nichts zum heutigen dynamischen Filmen, eher für wohlkomponierte Fotos im Studio und der Natur. Da lohnt sich dann die hohe Auflösung für professionelle Veröffentlichungen wirklich. Der Anspruch wird auch klar, wenn man die Klappe links öffnet: Da steckt tatsächlich die aus neuen Kameras fast verschwundene Ethernet-Buchse fürs Studio. Dass Fuji daneben vor allem auf Tempo setzt, zeigt unser Ersteindruck.

Und ausnahmsweise ist unsere Empfehlung für den Long Read zum Wochenende auch ein Heise-Gewächs. Alexander Spier hat nämlich verständlich erklärt, wie sich mit der KI von Midjourney Bilder erweitern lassen. Das geht weit über die schon in Photoshop verfügbaren Funktionen hinaus, und lässt sich sehr viel genauer einstellen. Etwas wirr wird das, wenn man genauer darüber nachdenkt: Die Maschine erzeugt ein künstliches Bild von etwas, das es nicht gibt, und dann sagt der Mensch, was bitte noch dazu erfunden werden soll. Aber nicht bange machen lassen: Auch mit noch so viel Aufwand ist ein KI-Bild noch immer nicht in jedem Fall durch das Urheberrecht schutzwürdig.

(cbr)