Schweiz nimmt sich Zeit für Atomausstieg und eigene Energiewende

Seite 2: Förderung der Solarenergie

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Auch die Solarenergie soll gefördert werden. Hier hat die Schweiz noch Ausbaupotenzial. Deutschland ist beispielsweise fast neun Mal so groß wie die Schweiz, hatte 2014 aber mit 41.275 Megawatt 25 Mal so viel installierte Solarleistung. Finanziert wird der Großteil der neuen Energiestrategie durch die Steuerzahler. Pro Kilowattstunde steigt der entsprechende Netzzuschlag ab 2018 auf zwei Cent.

Verlierer der Abstimmung sind die Betreiber der Atomkraftwerke. Aber wirtschaftliche Faktoren hätten sie ohnehin früher oder später in die Knie gezwungen, meint Wüstenhagen. Im Kraftwerk Leibstadt nahe der deutschen Grenze bei Waldshut-Tiengen (Baden-Württemberg) etwa lagen die Kosten pro Kilowattstunde Strom in den vergangenen zehn Jahren bei durchschnittlich fünf Cent, während der Strom im Großhandel nur knapp vier Cent oder weniger kostete. Auch Gösgen – das zweitgrößte und modernste Atomkraftwerk der Schweiz – gilt als nicht mehr rentabel.

Leibstadt sowie die Kraftwerke Beznau I und II stehen schon jetzt aufgrund von Sicherheitsbedenken immer wieder still. Zusammen erzeugen diese drei Anlagen mehr als die Hälfte des Atomstroms. Beznau I ist das älteste Atomkraftwerk der Welt. Auch Mühleberg bei Bern gehört zu den alten Modellen und soll 2019 stillgelegt werden. "Ich rechne mit einer Stilllegung des letzten Atomkraftwerks in 10 bis 15 Jahren", sagt Wüstenhagen.

Das sehen die Betreiber anders. Antonio Sommavilla – Sprecher von Axpo, dem größten Atomkraftwerk-Betreiber in der Schweiz – glaubt, dass es mit der Stilllegung bis spätestens 2045 dauert. Das jüngste der Kraftwerke, Leibstadt, wurde 1984 gebaut und soll auch das letzte sein, welches abgestellt wird. "Unser Ziel ist es, die Anlage bis mindestens ins Jahr 2045 zu betreiben", sagt er.

Die Rahmenbedingungen des Energiegesetzes reichen Sommavilla zufolge für eine konkrete Umsetzung der Ziele der Regierung in Bern noch nicht aus. Die Auswirkungen der vorhandenen Marktverzerrungen auf die längerfristige Versorgungssicherheit der Schweiz würden darin nicht berücksichtigt. Für ihn ist klar: "Der Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke ist von größter Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Versorgungssicherheit und Netzstabilität."

Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)

Seit März 1984 ist Block C des AKW im bayerischen Gundremmingen in Betrieb. Block A war von 1967 bis 1977 in Betrieb. Der 1984 ans Netz gegangene Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet, Block C – ebenfalls 1984 in Betrieb genommen – folgte Ende 2021. (Bild: kkw-gundremmingen.de)

Enrich: Die Stunde der Roboter im Atomkraftwerk (7 Bilder)

So sehen die Brennelemente eines Siedewasserreaktors aus. Wenn sie zerbrechen, haben die Betreiber des Kraftwerks ein Problem, das Roboter lösen müssen — so jedenfalls die Idee beim Wettbewerb Enrich. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

(kbe)