Siemens-Affäre: 200 Millionen Euro Schaden durch "Untreuehandlungen"

Die Ermittler gehen inzwischen davon aus, dass rund 200 Millionen Euro in schwarze Kassen geflossen sind. Die Beschuldigten sollen sich zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um "Untreuehandlungen" zum Nachteil von Siemens zu begehen.

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  • dpa

Die Affäre um schwarze Kassen bei Siemens ist mit einem mutmaßlichen Schaden von 200 Millionen Euro weitaus größer als bislang bekannt. Am Mittwoch wurden zwei weitere Mitarbeiter des Elektrokonzerns in Untersuchungshaft genommen. Insgesamt seien damit derzeit sechs Beschuldigte in U-Haft, teilte die Staatsanwaltschaft München I am Mittwoch mit. Nach bisherigen Erkenntnissen sollen sie sich zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um "Untreuehandlungen" zum Nachteil von Siemens durch die Bildung schwarzer Kassen im Ausland zu begehen. Der derzeit ermittelte Schaden belaufe sich auf rund 200 Millionen Euro. Konkrete Erkenntnisse über den Verbleib des Geldes gebe es nach wie vor nicht.

Bei den Ermittlungen geht es im Kern um die Frage, ob Mitarbeiter der Siemens-Sparte Com Geld unterschlagen und für Schmiergeldzahlungen – auch im Ausland – eingesetzt haben. Bei einer groß angelegten Razzia waren in der vergangenen Woche einem Zeitungsbericht zufolge auch die Büros von Siemens-Chef Klaus Kleinfeld sowie weiterer Vorstände durchsucht worden. Siemens hatte aber betont, Kleinfeld werde von der Staatsanwaltschaft nur als Zeuge gesehen. In der Affäre war zunächst von einem Schaden in Höhe von rund 20 Millionen Euro die Rede gewesen.

Bei den beiden neuen Inhaftierten handele es sich um Mitarbeiter aus den Abteilungen Interne Revision und Rechnungswesen aus der Festnetzsparte Com. Ein weiterer Beschuldigter, der in der vergangenen Woche in Haft genommen worden war, befinde sich mittlerweile gegen Auflagen wieder auf freiem Fuß, hieß es. Zudem habe sich ein in Österreich bereits in der vergangenen Woche festgenommener Verdächtiger mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt; er sei am Mittwoch den deutschen Behörden überstellt worden. Zu weiteren Einzelheiten wollte sich der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld am Mittwoch nicht äußern. Voraussichtlich frühestens Anfang Dezember könnten nähere Angaben gemacht werden.

Ein Siemens-Sprecher bestätigte lediglich, dass man von den weiteren Verhaftungen Kenntnis bekommen habe und wollte sich mit Blick auf das laufende Verfahren nicht äußern. "Siemens ist weiter an der Aufklärung interessiert und unterstützt die Staatsanwaltschaft", sagte er.

Die in der vergangenen Woche angelaufenen Durchsuchungsaktionen in der Konzernzentrale in München und an weiteren 30 Standorten in Deutschland und Österreich sind laut Staatsanwaltschaft mittlerweile beendet. Dabei seien 200 bis 300 Ordner laufende Geschäftsunterlagen sowie 36.000 Ordner mit Archivunterlagen und weitere umfangreiche Daten gesichert und beschlagnahmt worden. Sie müssten nun vom bayerischen Landeskriminalamt ausgewertet werden.

Unterdessen ist im Zuge der Affäre auch die Auftragsvergabe bei den Olympischen Spielen 2004 in Griechenland ins Zwielicht geraten. Die Staatsanwaltschaft in Athen ermittele wegen des Verdachts möglicher Unregelmäßigkeiten beim Auftrag für das Sicherheitssystem der Olympischen Sommerspiele, berichtete das Handelsblatt. Auch in Italien ist die Staatsanwaltschaft einem Bericht zufolge in der Siemens-Affäre aktiv. Dazu wollten sich am Mittwoch weder die Staatsanwaltschaft München noch Siemens selbst äußern.

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(dpa) / (pmz)