Siemens-Beschäftigte gehen auf die Straße

Das "Streich-Konzert" des Vorstandes löst bei den Beschäftigen in Nordrhein-Westfalen Wut und Empörung aus.

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Von
  • Wolfgang Dahlmann
  • Volker Danisch
  • dpa

Das "Streich-Konzert" des Siemens-Vorstandes löst bei den Beschäftigen in Nordrhein-Westfalen Wut und Empörung aus. "Das hat es noch nie gegeben bei Siemens", meint der Wuppertaler Betriebsratschef Torsten Göse. In den vergangenen Jahren sei bei Problemen unternehmensintern eine sozialverträgliche Lösung gesucht und gefunden worden. Doch diesmal werde die Belegschaft mit einem Horrorkatalog konfrontiert. Deshalb gingen Mitarbeiter auf die Straße. Allein in Düsseldorf waren es am Dienstag etwa 700. In Essen und Dortmund sollen Proteste folgen. Darüber hinaus ist für nächste Woche eine zentrale Aktion in Nordrhein-Westfalen geplant.

"Wir werden den Nieten in Nadelstreifen nicht weichen!", rief ein Siemens-Mitarbeiter bei der Demonstration in Düsseldorf kämpferisch. Zum Jahresende, wenige Wochen vor Weihnachten, machten sich nun viele Familien Sorgen, schildert ein anderer Siemens-Mitarbeiter. Es gehe um die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes und auch um den Umfang der eigenen Lohntüte. Sollten das 13. Monatsgehalt sowie Weihnachts- und Urlaubsgelder ganz wegfallen, könnte das Jahresgehalt um bis zu 20 Prozent schrumpfen, befürchtet ein Arbeitnehmervertreter. Allein in Düsseldorf seien wahrscheinlich bis zu 800 von 2200 Arbeitsplätzen von Stellenabbau und der Ausgliederung in andere Firmen betroffen.

"Die Kollegen müssen mit Auslagerungen in unabhängige Gesellschaften mit geringeren Sozialstandards oder Einkommenseinbußen wie jetzt schon in Dortmund und Essen rechnen", sagt ein Beschäftigter im Ruhrgebiet. "In den Revier-Niederlassungen arbeiten Siemens-Leute zum Beispiel über 38 statt 35 Stunden und bekommen das Überstundengeld nur in Erfolgsjahren ausbezahlt." Damit solle erst einmal Schluss sein, wenn sich der Vorstand in den Verhandlungen nicht bewege. Dabei haben viele Beschäftigte ein Kribbeln im Bauch. So hart gegen das eigene Unternehmen vorzugehen, war bis jetzt ein Tabu.

Mit Transparenten wie "Stopp dem Ausverkauf bei Siemens" forderten die Demonstranten am Dienstag in Düsseldorf die Unterstützung der Landesregierung Nordrhein-Westfalens ein. Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold (SPD) verwies darauf, dass es noch keine offiziellen Zahlen zu den Folgen der Münchner Pläne auf das bevölkerungsreichste Bundesland gebe. Deshalb sei der Vorstand bereits schriftlich um Information gebeten worden. Der Elektronikkonzern will weltweit rund 35.000 der insgesamt 438.000 Arbeitsplätze in den nächsten Jahren abbauen.

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(Wolfgang Dahlmann und Volker Danisch, dpa) / (anw)