Ausschreibungen: Offshore-Industrie wünscht sich Kriterium CO₂-Fußabdruck

Mit neuen Ausschreibungsrunden für Offshore-Windkraft kommt auch das novellierte Ausschreibungsverfahren erneut in den Fokus. Nachbesserungen werden gefordert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Wind,Turbine,From,Aerial,View,,Drone,View,At,Windpark,Westermeerdijk

(Bild: fokke baarssen/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Mit dem Start einer neuen Runde der Offshore-Windkraft-Ausschreibungen fordert die Stiftung Offshore-Windenergie Nachbesserungen bei den qualitativen Zuschlagskriterien. So sollte auch der CO₂-Fußabdruck Teil der Zuschlagskriterien werden, erklärt Geschäftsführerin Karina Würtz.

Die Stiftung begrüßt die Bemühungen der Bundesnetzagentur, die qualitativen Kriterien in den vergangenen Monaten ausschreibungssicher und klar gestaltet zu haben. Aus Sicht der Stiftung waren hier Nachbesserungen aber auch "absolut notwendig".

Im vergangenen Jahr wurde das Ausschreibungsdesign für Windkraftflächen auf See mit der Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) überarbeitet. Unter anderem wurde ein Bieterverfahren eingeführt, welches den Mobilfunklizenz-Versteigerungen ähnelt. Die Stiftung kritisierte diese Änderung postwendend. Sie erklärte im Sommer 2022: "Projektierer müssen künftig – ähnlich wie bei den Versteigerungen der Mobilfunklizenzen – erst Geld auf den Tisch legen, um überhaupt ein Offshore-Windenergieprojekt zu bauen. Statt einem Zuschlag nach den niedrigsten Kosten erhält der Bieter den Zuschlag, der den höchsten Preis für die Nutzungsrechte der Fläche bezahlt."

Gewünscht hätte sich die Stiftung auch noch vor der aktuellen Ausschreibungsrunde "Kriterien [...], die eine stärkere Differenzierbarkeit zwischen den Geboten ermöglichen und dabei innovations- und nachhaltigkeitsfördernd sind." So wird etwa der CO₂-Fußabdruck als ein klimapolitisch sinnvolleres Kriterium genannt. Damit nimmt die Stiftung unter anderem die Produktionsemissionen im In- und Ausland in den Blick, sowie die Transport-Emissionen. Das Kriterium CO₂-Fußabdruck hätte aus Sicht der Stiftung auch "zu einer effektiveren Stärkung des europäischen Standortes führen können." Hiermit spielt die Stiftung darauf an, dass im europäischen Ausland vielleicht günstiger, aber mit negativeren Umwelt- und Klimaeinflüssen produziert werden könnte.

Die Stiftung kommentiert zudem, dass sich mit dem Start der neuen Gebotsphase nun tatsächlich zeigen könne "wie belastbar, attraktiv und zukunftsorientiert das Herzstück des Windenergie-auf-See-Gesetzes – das Ausschreibungsdesign – im vergangenen Jahr konzipiert worden ist". Es habe viel Kritik gegen die starke Betonung der monetären Gebotskomponente und auch den Schwerpunkten der qualitativen Kriterien gegeben. Ob die Befürchtungen zutreffen, würden die kommenden Monate zeigen.

Die Stiftung geht schon jetzt davon aus, dass es im Nachgang der bis zum 1. August 2023 dauernden Gebotsphase voraussichtlich zu einer Überarbeitung der qualitativen Kriterien kommen müsse.

Bei der aktuellen Ausschreibung sind vier zentral voruntersuchte Flächen in der Nordsee mit einer Leistung von 1.800 Megawatt (MW) enthalten. Die dort aufgestellten Windparks sollen geplant ab dem Jahr 2028 Strom liefern.

Die Bundesnetzagentur spricht von einer Schließung von "Baulücken". Zwei Flächen mit 900 MW liegen nördlich von Norderney, zwei weitere mit ebenfalls 900 MW vorgesehener Erzeugungsleistung liegen circa 90 km nordwestlich von Borkum. Die Flächen wurden vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie* bereits geprüft.

Mit der Verabschiedung der Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes am 7. Juli 2022 wurde neben der Verankerung der neuen Ausbauziele (30 Gigawatt (GW) bis 2030, 40 GW bis 2035, 70 GW bis 2045) auch ein zweiteiliges Ausschreibungsdesign festgelegt. Laut Bundesnetzagentur werden bis zu 60 Punkte für den Gebotswert vergeben, der die Zahlungsbereitschaft des Bieters widerspiegelt. Daneben finden qualitative Kriterien Anwendung, die im Bereich Offshore-Wind erstmals getestet werden sollen.

Bewertet werden dabei der Agentur zufolge der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern bei der Herstellung der Windenergieanlagen, der Anteil von Auszubildenden, die Verwendung besonders umweltschonender Gründungsmethoden sowie der Umfang langfristiger Stromlieferungen an Dritte. Für die qualitativen Kriterien werden insgesamt bis zu 35 Punkte vergeben.

Die Zahlungen des erfolgreichen Bieters flößen zu 90 Prozent in die Stromkostensenkung, zu jeweils 5 Prozent in den Meeresnaturschutz und die Förderung einer umweltschonenden Fischerei.

Die Bundesnetzagentur hat bereits am 31. Januar 7.000 MW auf nicht zentral voruntersuchten Flächen ausgeschrieben. Hier geht es um drei Flächen für Offshore-Windparks mit einer Leistung von jeweils 2.000 MW in der Nordsee und eine Fläche für eine Leistung von 1.000 MW in der Ostsee. Die Flächen in der Nordsee liegen etwa 120 km nordwestlich von Helgoland und die Fläche in der Ostsee circa 25 km vor der Insel Rügen. Die Inbetriebnahme der Windparks ist für das Jahr 2030 vorgesehen. Hier läuft das Gebotsverfahren bis zum 1. Juni 2023.

Die Flächen werden als nicht zentral voruntersuchte Flächen bezeichnet, weil bei ihnen die bezuschlagten Bieter die nötigen Flächen-Voruntersuchungen in eigener Zuständigkeit durchführen müssen. Zur Erreichung der neuen Ausbauziele würden nun auch solche Flächen ausgeschrieben, so die Bundesnetzagentur. Eine staatliche Voruntersuchung der Flächen, die beispielsweise die Meeresumwelt, den Baugrund und wind- und ozeanographische Verhältnisse analysieren, gibt es demnach in diesen Fällen nicht.

[*"Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 WindSeeG ist die Bundesnetzagentur die für die Voruntersuchung von Flächen zuständige Stelle. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nummer 1 WindSeeG lässt die Bundesnetzagentur die Voruntersuchungen von Flächen in der ausschließlichen Wirtschaftszone vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie wahrnehmen."]

Update

In einer weiteren Pressemitteilung erklärt Karina Würtz in Bezug auf die heutige Veröffentlichung der europäischen Windausbauzahlen durch den Branchenverband WindEurope: "Deutschland wird wieder als Vorbild wahrgenommen. Dieser Weg muss fort- und alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um attraktive Investitions- und Produktionsbedingungen für die Energiewende zu schaffen!"

Grund für das Lob sei die mittlerweile gesetzliche Verankerung des "überragenden öffentlichen Interesses" für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Hier hätten die Gesetzesnovellen der Bundesregierung und insbesondere des Bundeswirtschaftsministeriums (Oster- und Herbstpaket) wegweisendes geleistet.

Des Weiteren macht Würtz im Namen der Stiftung Offshore-Windkraft darauf aufmerksam, dass nicht nur EU-weit alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, "um attraktive Investitionsbedingungen für die gesamte Wertschöpfungskette der Windenergie zu schaffen", sondern schon lokal schnell gehandelt werden könnte. Es wäre etwa möglich, zeitnah darüber zu entscheiden, ob die Werft in Rostock-Warnemünde für den Bau von dringend benötigten 2-GW-Konverterplattformen genutzt werden kann. Hier wäre eine Ko-Nutzung des Standortes mit dem Marinearsenal der Bundeswehr möglich.

Die Stiftung Offshore-Windenergie ist unter anderem Partner des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore e.V., der Offshore-Wind-Industrie-Allianz, des Bundesverband WindEnergie, der Gesellschaft für Maritime Technik e.V. und des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität. Auch innereuropäisch ist die Stiftung vernetzt, beispielsweise mit WindEurope.

(kbe)