Streit über Bonpflicht: Warum die Bons gar nicht ausgedruckt werden müssen

Seite 2: "Keine entsprechenden Wünsche geäußert"

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Zahlungsdienstleister wären eigentlich in der idealen Position, um die Übermittlung der E-Bons zu übernehmen. Sie haben auf der einen Seite Schnittstellen an fast jeder Kasse in Deutschland installiert. Zum anderen haben sie direkte Verträge mit den Endkunden. Die Quittungen aus dem Handel könnten beispielsweise neben den digitalen Kontoauszügen bereitgestellt und zu beliebigen Zwecken exportiert werden.

"Die Idee ist tatsächlich nicht neu und auch bei uns für die 'Mobiles Bezahlen'-App für Android schon länger in Diskussion", erklärt ein Sprecher der Sparkassen-Finanzgruppe. Das Problem: Die Integration der Kartenzahlung wird oft über separate Schnittstellen bewerkstelligt, die nur eingeschränkten Zugriff auf die Kassendaten haben. Die gesetzliche vorgeschriebenen Angaben auf dem Kassenzettel wie die Art und Menge der eingekauften Waren und die kryptografische Signatur gehören jedoch bisher nicht dazu.

Die derzeitige Situation erscheint paradox: So zielt die neue Gesetzgebung samt Bonpflicht eigentlich auf Bargeschäfte. Zahlt der Kunde aber mit Karte oder Smartphone, kann ein Gewerbetreibender die entsprechenden Umsätze sowieso nicht vor dem Finanzamt verbergen. Doch wer bargeldlos zahlt, bekommt heute mitunter gleich zwei Papierbelege ausgehändigt: Einen für die gekaufte Ware und einen für den Zahlungsvorgang.

Der Bundesverband deutscher Banken sieht kein unüberwindbares Hindernis. "Grundsätzlich besteht ein großes Interesse an einer digitalen Lösung der Bonpflicht seitens der Finanzindustrie", teilt der Verband auf Anfrage von heise online mit. Die technischen Voraussetzungen hierfür könnten geschaffen werden. "Bislang hat der Handel diesbezüglich jedoch keine entsprechenden Wünsche geäußert", heißt es weiter in dem Statement weiter. Eine solche Übereinkunft sei aber notwendig, damit Standards für die E-Bon-Übermittlung geschaffen werden könnten.

Auch im Silicon Valley scheint das Interesse an einer deutschen Lösung gering zu sein. Obwohl Google mit Google Pay sowohl eine Bezahllösung im Portfolio hat als auch eine Cloud-Lösung für Quittungen, antwortet das Unternehmen auf mehrfache Anfrage nicht, ob eine entsprechende Technik für E-Bons gemäß der neuen Kassengesetze geplant sei. Auch Paypal winkt ab: Die deutsche Gesetzeslage ist nicht auf der Agenda des Weltkonzerns.

Die meisten Kassenhersteller haben den E-Bon ebenfalls nur mit niedriger Priorität auf ihre Agenda gesetzt. Sie sind erst einmal mit der Umsetzung der Vorschriften zum abgesicherten Speichern und der Zertifizerung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik beschäftigt.

"Ich finde es schön, dass der elektronische Beleg im Gesetz steht, aber die praktische Umsetzung ist doch komplizierter", sagt beispielsweise Frank Schlesinger vom Berliner Anbieter Orderbird. Hier will man nun erst einmal abwarten, welche Technik sich in der Praxis durchsetzt: "Gäbe es eine App, mit der man etwa per NFC standardisiert elektronische Belege entgegennehmen kann, würden wir die sofort unterstützen."

An einer solchen App arbeitet etwa Amir Karimi mit seiner Firma A&G Software aus Bremen bereits seit zwei Jahren. Die "Admin App" soll künftig als universelle Schnittstelle zum Kunden dienen. Die Belege sollen entweder direkt per NFC oder per QR-Code auf das Smartphone des Kunden übertragen werden. "Wir wollen mit Admin App eine Plattform anbieten, die in erster Linie dem Endkunden nutzt", erklärt Amir Karimi. So soll die App selbständig Belege heraus suchen, die der Kunde bei der Steuererklärung einreichen kann.

Eigentlich sollte die App bereits Anfang 2020 bereitstehen. Die plötzliche Nachfrage, die durch die Anti-Bon-Aufregung Ende 2019 losgetreten wurde, hat den Unternehmer aber überrascht. Nun soll Admin App im ersten Halbjahr 2020 erscheinen.

Das Geschäftsmodell ist potenziell lukrativ. Einen Cent pro eingespartem Papier-Kassenzettel will Karimi den Geschäften berechnen, wenn sie seine Technik einbinden. Dazu benötigt der Bremer Unternehmer aber Unterstützung aus dem Handel und der Kassenbranche. Denn die Hersteller müssten die API der Admin App einbinden, damit die Übermittlung klappt. Technisch sei das kein Problem, versichert Karimi: "Bei einer halbwegs modernen Kassensoftware ist die Anpassung an unser System in einem halben Tag erledigt."