Streit über Bonpflicht: Warum die Bons gar nicht ausgedruckt werden müssen

Seite 3: Insellösung oder Universalansatz?

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Zwar sei das Angebot auf große Nachfrage gestoßen, Details verrät die Firma aber noch nicht. Ob die großen Ladenketten auf das Angebot einsteigen oder lieber ihre eigenen Angebote bauen, bleibt deshalb abzuwarten. Angesichts der zerklüfteten Herstellerlandschaft in Deutschland – so sind schätzungsweise mehr als 1000 Hersteller für den deutschen Markt aktiv – könnten solche Insellösungen recht schnell ins Hintertreffen geraten. Es ist kaum zu erwarten, dass normale Kunden für jedes Geschäft in dem sie einkaufen eine separate App installieren und bei jedem Bezahlvorgang neu aktivieren. Der Erfolgsfall besteht also darin, möglichst viele Partner für eine Technik zu gewinnen.

Die Technik von Greenbill

(Bild: Screenshot)

Einen umgekehrten Ansatz vertritt deshalb das Unternehmen Greenbill, das in sozialen Netzwerken viele Anhänger gefunden hat, obwohl das Produkt ebenfalls noch nicht im Markt ist. Statt sich in die Software der Kassen einzuklinken, setzt Greenbill auf die einheitlichen Druckerschnittstellen, um sein System anzubinden. Eine Softwareanpassung ist damit unnötig. "Jeder Kassenhändler, der die gesetzlichen Vorschriften technisch erfüllen kann, sollte auch unser System verwenden können", erläutert Firmenchef Ludwig Heer im Gespräch mit heise online.

Konkret soll dies so aussehen: Der Händler stellt sich eine Box an den Tresen, die wie ein gewöhnlicher Bon-Drucker angebunden wird. Stimmt der Kunde einer elektronischen Übermittlung zu, wird auf einem angeschlossenen Tablet der Beleg angezeigt. Der Kunde hat daraufhin die Wahl, entweder seine E-Mail-Adresse einzugeben oder einen QR-Code einzuscannen. Dieser Code leitet den Kunden zu einer Web-Adresse, auf der der Kunde seinen individuellen Bon herunterladen kann.

Ein Alleinstellungsmerkmal hat Greenbill. So zeigen die Design-Entwürfe der Oberfläche einen Button mit der Aufschrift "Beleg nicht gewünscht." Kunden können damit sowohl auf einen Ausdruck verzichten und die Kopie des Belegs ebenfalls ins digitale Nichts schicken. Für die meisten Kleingeschäfte wäre dies eine Win-Win-Situation: So können die wenigsten Kunden mit einem Kassenzettel vom Bäcker etwas anfangen, gleichzeitig kann der Händler mit jedem Druck auf den Ablehn-Knopf Papier und Zeit sparen.

Gesetzlich ist dies möglich, wie das Bundesministerium für Finanzen auf Anfrage von heise online mitteilt. "Wenn der Kunde der Erstellung eines elektronischen Belegs zugestimmt hat, besteht, wie bei einem Papierbeleg, jedoch keine Pflicht zur Übermittlung." Ob ein Papierbeleg im Papierkorb oder ein digitaler Beleg im digitalen Nichts verschwindet, ist dem Gesetz egal. Wichtig ist nur, dass der Kunde ausdrücklich zustimmen muss. Denn die Maßnahmen gegen den Steuerbetrug verfangen nur dann, wenn Gewerbetreibende nicht im Vorhinein wissen können, ob ein Kassenbeleg nicht doch in die Hände von Steuerfahndern gelangen kann.

Ein E-Bon

(Bild: bon-online.de)

Der plötzliche Hype um die Bonpflicht bringt aber immer neue Marktteilnehmer auf die Idee, auf eigene Faust mit der Umsetzung zu beginnen. So hat die Mainzer it relations GmbH, ein eingeführter Zulieferer von Kassensoftware, bereits von drei Jahren ein Konzept für den E-Bon erarbeitet, bei dem der Kunde den Bon per QR-Code einliest und bei Bedarf in einer App speichern kann. "Wir haben unsere Partner und andere Firmen befragt, aber niemand war daran interessiert", erklärt Geschäftsführer Andreas Freyer gegenüber heise online.

Erst als der mediale Hype um die Bonpflicht im November keinen Zweifel mehr daran ließ, dass die Bonpflicht tatsächlich kommt, klingelten in Mainz die Telefone. Das fertige Konzept wurde schnell aus der Schublade geholt und am Vorweihnachtstag in der ersten Bäckerei in installiert. Mehrere Kassenhersteller und die Großbäckerei Merzenich schlossen sich dem System an. Ergebnis: In den ersten drei Wochen des Jahres wurde die Software auf 549 Kassen installiert, über eine Million Bons und 217 Kilometer Bons eingespart. Von den 100.000 Kilometern ist man noch weit entfernt. Es ist aber ein Anfang. (mho)