Streit über Bonpflicht: Was das neue Gesetz überhaupt soll

Seite 3: Unterstützung vermisst

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Während die Umsetzung der neuen Kassengesetze aber nun weitergeht, wächst auch das Unverständnis und der Widerstand gegen die Vorschriften. Sogar das Studentenwerk in Göttingen hat inzwischen öffentlich erklärt, die Bonpflicht zu ignorieren. An zahllosen Schaufenstern hängen Protestnoten gegen die neuen Gesetze, Händler stellen demonstrativ volle Mülleimer auf, um das ungeliebte Gesetz doch noch zu Fall zu bringen.

Zwar haben sich in einer Bundestagsdebatte insbesondere SPD-Abgeordnete hinter die Bonpflicht gestellt. Die SPD-Fraktion teilt auf Anfrage von heise online mit: " Nur mit Hilfe der Belegausgabepflicht kann die Finanzverwaltung schnell und einfach prüfen, ob Umsätze korrekt erfasst sind. Wir werden deswegen Vorschlägen nicht zustimmen, die den Betrügern zum Schaden der ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ihr Handwerk erleichtern." Viel öffentliche Resonanz erfährt diese Position aber nicht.

Unterstützung vermissen auch diejenigen, die die neuen Regelungen umsetzen und dem Staat so zu neuen Milliardeneinnahmen verhelfen sollen. "Die Finanzministerien hätten mehr tun müssen, um die Unternehmen und die Kunden über die Notwendigkeit und den Sinn der Belegausgabe zu informieren", sagt Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Für ihn ist die Bonpflicht nicht nur ein technisch geeignetes Mittel Steuerhinterzieher zu entdecken und abzuschrecken, sondern auch ein öffentliches Signal für mehr Steuerehrlichkeit. Ob die Wirkung der Reform so groß sei wie erhofft, sei aber abzuwarten. So sei den Finanzämtern kein zusätzliches Personal für die Kassen-Prüfungen zugeteilt worden. Doch ohne Kontrollen kann auch die beste Technik Missbrauch nicht verhindern.

Aus der Kassenbranche erhält die Bundesregierung ein gemischtes Echo. Einige Experten glauben, die Bundesregierung mit ihrer Abkehr von Insika und dem langwierigen Zertifizierungsprozess unnötig Zeit verschenkt. "Eines der größeren Probleme war die Tatsache, dass man keine Fachleute einbezogen hat", erklärt Jens Reckendorf, Vorstandsmitglied beim Münsteraner Kassenhersteller Vectron Systems, der sich schon bei der Implementierung von Insika engagiert hatte. Die Kassenbranche habe sich schon lange mit den Problemen einer gesicherten Kasse auseinandergesetzt. "Hätte man das hier beherzigt, wären die meisten der Probleme bereits in der Konzeptphase aufgelöst worden", erklärt Reckendorf.

Andere Hersteller, die erst später an der Umsetzung beteiligt waren, bewerten den Prozess positiver. "Wir haben engen Kontakt mit dem Bundesfinanzministerium und dem BSI gehabt – hier sind zwei unterschiedliche Welten aufeinandergetroffen", erklärt etwa Frank Schlesinger, CTO des Berliner Kassensystem-Anbieters Orderbird. Nachdem das Eis jedoch gebrochen war, habe man konstruktiv zusammenarbeiten können. "Der Austausch war fair und respektvoll", ergänzt er noch. (mho)