Streit um Marken der Internet Engineering Taskforce beigelegt

Eine Stiftung soll künftig die Marken - und Urheberrechte der Organisation verwalten, die das zentrale Standardisierungsgremium für Internet-Protokolle darstellt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Eine Stiftung soll künftig die Marken- und Urheberrechte der Internet Engineering Task Force (IETF) verwalten. Die Stiftungsgründung ist das Ergebnis eines Streits der Internet Standardisierungsorganisation mit Bob Kahn, einem der TCP-IP-Pioniere. Kahn hatte der IETF im Verlauf deren Restrukturierungsprozesses damit gedroht, seine Ansprüche auf Domains wie ietf.org und iab.org geltend zu machen. Kahn, Direktor von Computer National Research Initiatives (CNRI) hatte sich über den Vorstoß empört, dem CNRI-Spin-off Foretec Seminars die Sekretariatsaufgaben für die IETF zu entziehen. Die IETF-Leitung wollte die Sekretariatsfunktion neu ausschreiben, um einen besseren Preis am Markt zu bekommen. Kahn hat inzwischen den Rückzug angetreten und den Verkauf von Foretec Seminars an Neustar, unter anderem Registry der Top Level Domain .biz, angekündigt. Eine Übertragung seiner Rechte an die Internet Society (ISOC), wichtige Geldgeberin und rechtliches Dach der IETF, hatte Kahn zuvor abgelehnt und durchgesetzt, dass auch die bei der ISOC liegenden Rechte für die Request for Comments (RFCs) an den Trust übertragen werden.

Das Verhandlungsergebnis mit Kahn ist der erste Erfolg des frischgebackenen IETF Administrative Oversight Commitee (IAOC). Dessen Vorsitzende Lucy Lynch sagte bei der IETF-Plenarsitzung in Paris, die verschiedenen Vereinbarungen -- mit CNRI, ISOC und Neustar -- seien eng verknüpft. Neustar soll nach den Vorstellungen des IAOC für zwei Jahre die Sekretariatsaufgaben fortführen, anschließend gibt es die versprochene Neuausschreibung. Allerdings müsse der Trust stehen, bevor Neustar seinen Vertrag unterzeichnet, meinte Lynch. Für Verträge wird künftig auch der frischgebackene, hauptamtliche IETF Administrative Director (IAD) mit verantwortlich sein. Ray Pelletier gab in dieser Funktion seinen ersten Bericht. Pelletier ist künftig für die Ausschreibung von Dienstleistungen und die Organisation der IETF-Treffen zuständig. Zum ersten Mal finden 2005 gleich zwei Begegnungen hintereinander außerhalb den USA statt, im November treffen sich die Standardisierer in Vancouver.

Nach wie vor aber macht sich die IETF-Spitze Sorgen um den Rückgang der Teilnehmerzahlen an den IETF-Meetings, auf denen auch wichtige Standards abgesegnet werden. Der IETF-Vorsitzende, Brian Carpenter, bilanzierte einen Rückgang der Teilnehmerzahlen um 38 Prozent bei einem Vergleich der IETF-Treffen in Minneapolis im Jahr 2001 und 2005. Ein Vergleich der Teilnahme an europäischen Treffen (Wien und in diesem Jahr Paris) zeigt eine leichte Aufwärtstendenz. Knapp 1500 Teilnehmer sind nach Paris gekommen. Die Teilnehmergebühren sind die wichtigste Geldquelle der IETF.

Noch mehr Reformen sollen die Zukunft der IETF absichern. Nach wie vor, klagen Entwickler wie der SIP-Experte Henning Schulzrinne, ist der Kommentierungsprozess vorgeschlagener Standards zu langsam. Die so genannten Bereichsdirektoren kommen angesichts der wachsenden Zahl von Dokumenten kaum hinterher. Substanzielle Kommentare zu den vorgelegten Standardvorschlägen kommen darüber hinaus oft tatsächlich erst in letzter Minute, zu wenige Reviews werden von den IETF-Teilnehmern selbst gemacht.

Die Kommentierung und Kritik von eingereichten Vorschlägen ist andererseits das besondere Markenzeichen der Organisation. IETF-Kenner warnen davor, dass die Organisation von Autoren vorgelegte Entwürfe nur noch so rasch wie möglich absegnet. Gerade Unternehmen pochen vermehrt darauf, dass die IETF viel schneller auf Marktentwicklungen reagieren müsse. "Wir lieben ihre Standards, wir brauchen sie", sagte auch der Forschungs- und Entwicklungschef des Pariser IETF-Hauptsponsors France Telecom, Pascal Virginier. "Aber Geschwindigkeit ist auch wichtig für uns." Wie die Bereichsdirektoren entlastet werden können und die Kommentierungsphase insgesamt effektiver wird, darüber will sich nun Carpenter weiter Gedanken machen. Die Abwanderung von Unternehmen zu anderen Standardisierungsorganisationen möchte man gerne verhindern.

Aus japanischer Sicht vollauf zufrieden mit den Teilnehmerzahlen beim IETF-Treffen zeigte sich der Gründer des WIDE-Projekt Jun Murai. Der japanische Informatiker wurde in Paris mit dem von der ISOC jährlich vergebenen Jon Postel Award ausgezeichnet. Er könne sich noch an die Zeit erinnern, sagte er, als er der einzige IETF-Teilnehmer aus Japan gewesen sei. Murai, der für die Einführung des Internet in Japan und einer Reihe anderer asiatischer Länder geehrt wurde, war von Jon Postel, dem legendären "Gottvater" des Internet, persönlich darum gebeten worden, den bis heute einzigen zentralen DNS-Rootserver in Asien einzurichten -- "das war der ferne Westen, nicht der ferne Osten, von den USA aus gesehen". (Monika Ermert) (jk)