Studie: Biokraftstoffe verursachen mehr Schaden als Nutzen

Eine Studie für die Deutsche Umwelthilfe berechnet die sogenannten CO₂-Opportunitätskosten für in Deutschland produzierte und getankte Biokraftstoffe.

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Ein symbolkräftiges Bild: Links eine Palmölplantage, auf dem Auto Säcke mit Holzkohle aus den Resten des Regenwalds. Fotografiert auf der Route zwischen Conakry und Senegal in der Republik Guinea, Westafrika.

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 3 Min.

Biokraftstoffe für den Verkehr erzeugen laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) mehr klimaschädliche Treibhausgase als bei ihrem Einsatz eingespart werden. Das geht aus einer aktuellen Studie des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU) im Auftrag der DUH hervor. Der Verband der Biokraftstoffindustrie antwortet umgehend, dass er diese Darstellung idealisiert findet, weil sie die Anforderungen während der Transitionsphase zum E-Antrieb ausblende. Audi bewirbt – ebenfalls heute – seine Motoren als biokraftstofftauglich und sieht sie, sofern mit Biosprit betrieben, als Übergangstechnologie auf dem Weg zur E-Mobilität.

Der Studie zufolge würden jährlich fast 16,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger freigesetzt, wenn alle Agrarflächen einfach der Natur überlassen würden, die weltweit für die hierzulande eingesetzten Biokraftstoffen (in der Studie "Agrokraftstoffe" genannt) genutzt werden. Weltweit seien insgesamt 1,2 Millionen Hektar Agrarfläche, davon 500.000 in Deutschland, für Biokraftstoffe in deutschen Autos mit Diesel- und Ottomotoren belegt.

Demgegenüber habe der Einsatz von Biokraftstoffen in Deutschland im Jahr 2020 maximal 9,2 Millionen Tonnen Treibhausgase gebunden, schreibt das Institut – unter anderem in Berufung auf Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und der EU-Kommission. Kraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen wurden nicht berücksichtigt. Angesichts dieser Bilanz fordert die DUH einen sofortigen Stopp für den Einsatz dieser Kraftstoffe.

Die umstrittenen Biokraftstoffe werden seit Jahren beigemischt und lassen sich beispielsweise aus dem Öl von Raps, Soja, Palmen und anderen Pflanzen gewinnen. Auch Mais, Getreide, Rüben und Zuckerrohr dienen als Ausgangsmaterial. Nach Angaben der DUH machten im Jahr 2020 Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln 5,3 Prozent des Endenergieverbrauchs im gesamten Verkehr an Land aus.

Gegenüber der dpa sagte Studienautor Horst Fehrenbach, dass der Nutzen für die CO₂-Bilanz sogar noch größer wäre, wenn die Agrarflächen anderweitig zur Energieerzeugung genutzt würden, etwa zum Betrieb von Solarpanelen. Laut Studie benötigt die Erzeugung von Solarstrom für E-Fahrzeuge für die gleiche Kilometerleistung 97 Prozent weniger Fläche als die Produktion von Biokraftstoff. Dieser Darstellung tritt die deutschen Biokraftstoffverbände Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) und dem Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) entgegen. Die DUH vermittle den unzutreffenden Eindruck, dass der derzeitige Fahrzeugbestand von mehr als 55 Millionen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor übergangslos mit Solarstrom betrieben werden könne.

Audi gab heute verschiedene Motoren für den Betrieb mit dem Biokraftstoff HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) frei. Oliver Hoffmann, Vorstand für technische Entwicklung bei Audi sagt: "Wir optimieren unser bestehendes Verbrennerportfolio hin zu mehr Effizienz und niedrigeren Emissionen. Hierzu schaffen wir auch die technischen Voraussetzungen für die Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe wie HVO." Audi sieht solche Kraftstoffe als Brückentechnologie und schreibt: "Erneuerbare Kraftstoffe (...) bieten die Möglichkeit, Verbrennungsmotoren klimafreundlicher zu betreiben. Sie sind ein probates Mittel zur Defossilisierung – sowohl kurzfristig als auch nach 2033, wenn in Europa der letzte Audi mit Verbrennungsmotor das Band verlassen wird."

In der Pressemitteilung heißt es auch: "Für die Herstellung von HVO werden Rest- und Abfallstoffe verwendet, wie etwa Altspeiseöl aus der Lebensmittelindustrie oder Rückstände aus der Landwirtschaft." Eine solche ausschließliche Verwertung von Reststoffen ist allerdings bis heute noch nicht gewährleistet.

(fpi)