Studie mahnt zu ökologischerer Chipfertigung

Die Umweltlasten durch Halbleiterfertigung in der EU könnten in einigen Jahren die der Stahlindustrie oder der Chemiebranche übertreffen.

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Blick auf einen Wafer mit Halbleiterstrukturen.

Blick auf einen Wafer mit Halbleiterstrukturen.

(Bild: c’t Magazin)

Lesezeit: 2 Min.
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Bisher werden die hohen Umweltlasten bei der Produktion von Halbleiterbauelementen heruntergespielt: Zu diesem Schluss kommt Julia Christina Hess von Interface. EU-Politiker, die mit hohen Subventionen die Ansiedelung von mehr Chip-Fertigungswerken fördern wollten, stellten bisher Aspekte wie Ressourcen-, Wasser- und Energieverbrauch sowie den Einsatz von problematischen Chemikalien wie PFAS zurück.

Doch weil die Chipbranche weltweit stark wächst, müssten diese Probleme nun konsequenter angegangen werden.

Die Interface-Studie "Chip Production’s Ecological Footprint: Mapping Climate and Environmental Impact" sieht Halbleiter als unverzichtbar für die „doppelte Transformation“ der kommenden Jahrzehnte: Digitalisierung und Dekarbonisierung. Für den Umstieg von fossilen auf regenerative Energien sind Halbleiter unverzichtbar.

Erklärtes Ziel der Europäischen Union ist es, den EU-Anteil der globalen Chipfertigung von bisher 8 bis 10 Prozent bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Dazu reicht es aber nicht, die Chipfertigung in der EU ungefähr zu verdoppeln, weil gleichzeitig auch weltweit die Fertigungskapazitäten sehr stark ausgebaut werden. Die Expertin Julia Christina Hess schätzt, dass sich die Umweltbelastungen durch europäische Chip-Fabs im Extremfall verachtfachen. Dann würden sie die Belastungen durch heute dominierende Industriezweige wie Stahl und Chemie übertreffen.

Mehrere große Chiphersteller haben Pläne veröffentlicht, laut denen sie in einigen Jahren klimaneutral produzieren. Sie wollen auch andere natürliche Ressourcen schonen – in der Zukunft. So möchte etwa Intel in einigen Jahren „netto wasserpositiv“ produzieren, also mehr sauberes Wasser bereitstellen, als zur eigenen Produktion benötigt wird.

Doch bisher sieht die Realität anders aus. Das Wassersystem der geplanten Intel-Fabs in Magdeburg ist laut den zur Genehmigung vorgelegten Dokumenten für 18.600 bis 20.300 Kubikmeter Frischwasser täglich ausgelegt. Bei voller Produktion wäre das im Jahr mindestens 6,8 Millionen Kubikmeter. Das entspricht laut Trinkwasserversorgung Magdeburg (TWM) mehr als der Hälfte der 12,1 Millionen Kubikmeter, die die komplette Stadt Magdeburg 2018 benötigte.

Auch an der Reduktion der Emissionen und des Verbrauchs von Per- und Polyfluorierter Alkylsubstanzen (PFAS) arbeiten viele Chiphersteller bereits, darunter Infineon. Doch bisher kommen solche Substanzen weiterhin zum Einsatz und werden unter erheblichem Einsatz von Energie weitgehend wieder aus der Abluft entfernt.

Die Interface-Studie empfiehlt, schnell konkrete Maßnahmen zur deutlichen Minderung der Umweltlasten der Chipfertigung in Angriff zu nehmen. Denn das werde sehr lange dauern, weil viele komplexe Probleme zu lösen sind.

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(ciw)