Studie über LNG-Terminals: Klimaneutralität nur mit Wenn und Aber

Der Bau von LNG-Terminals könnte die Energiewende behindern, besagt eine Studie des Fraunhofer-Instituts. Grünes Methan kommt dabei nur als Randnotiz vor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 88 Kommentare lesen

Bau der Pipeline zwischen dem LNG-Terminal in Wilhelmshaven und dem Ferngasnetz

(Bild: OGE)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Im Moment sind sie zunächst als Notlösung geplant, um in geopolitisch angespannten Zeiten die Gasversorgung sicherzustellen. Damit sich Terminals zur Anlieferung von Flüssigerdgas (LNG) aber wirtschaftlich rechnen, müsste die Infrastruktur jahrzehntelang betrieben werden. Das ruft Umweltschützer auf den Plan, die eine Zementierung fossiler Energien fürchten. Dem halten Politiker entgegen, dass die LNG-Terminals in Zukunft für klimaneutrales Gas wie Wasserstoff oder Methan umgerüstet werden könnten. Doch so leicht ist das wohl nicht, besagt zumindest eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI.

Die Studie wurde im Auftrag der European Climate Foundation (ECF) erstellt, einer internationalen Stiftung, die sich die Senkung von Treibhausgasen zum Ziel gesetzt hat. Die Autoren haben verschiedene Möglichkeiten untersucht, LNG-Terminals später klimaneutral weiterzuverwenden. In Betracht kommen demnach die Umrüstung für flüssiges Ammoniak und flüssigen Wasserstoff. In beiden Fällen gebe es aber große Unsicherheiten und es sei nötig, schon bei der Planung der Terminals auf die richtigen Materialien zu setzen.

Die Wissenschaftler stützen ihre Erkenntnisse auf eine spezielle Literaturrecherche, die durch eine Reihe von Experteninterviews mit Hochschulen und der Industrie ergänzt wurde. Deutlich wird, dass es noch große Wissenslücken gibt, weil schlichtweg Erfahrungen fehlen. Für flüssigen Wasserstoff gibt es weltweit nur eine Prototyp-Anlage in Japan. Für anderes fehlen Erfahrungen in industriellem Maßstab. Der Umbau von Flüssigerdgas-Terminals für eine klimaneutrale Nutzung wäre Neuland.

Ammoniak wird im Gegensatz zu Methan (-163 Grad) schon bei -33 Grad Celsius flüssig und stelle daher geringere Anforderungen an die thermische Isolation. Etwa 70 Prozent der Investitionskosten für ein Flüssigerdgas-Terminal könnten so wiederverwendet werden. Je nach Endprodukt sei ein NH3-Cracker notwendig, um das Ammoniak in Wasserstoff und Stickstoff umzuwandeln. Diese seien bislang aber nicht in industriellem Maßstab verfügbar. Zudem hätten diese einen hohen Energieverbrauch, was sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirke.

Ammoniak ist allerdings korrosiv und giftig. Der Transport auf der Straße sei deshalb nur stark eingeschränkt möglich und ein Pipelinenetz fehle.

Flüssiger Wasserstoff hingegen habe einen noch niedrigeren Siedepunkt als LNG, könne wegen der Temperatur von -253 Grad Celsius Materialversprödung verursachen und gehe aufgrund des Explosionsrisikos mit hohen Sicherheitsanforderungen einher. Deshalb könnten auch nur 50 Prozent der Investitionskosten eines LNG-Terminals wiederverwendet werden. Bislang kaum beachtet sei die Nutzung der thermodynamisch wertvollen "Kälte" für mögliche benachbarte Industrie- oder Chemieprozesse.

Ungewiss sei auch die zukünftige Nachfrage nach den beiden Energieträgern. Hierzu würden verlässlichere Bedarfsprognosen benötigt. Unter dem Strich schließt die Studie die Realisierbarkeit einer klimaneutralen Nutzung nicht aus. Ob allerdings bei den eiligst auf den Weg gebrachten LNG-Terminals in Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin die Voraussetzungen erfüllt sind, ist fraglich. Schon Ende des Jahres sollen die ersten Terminals in Betrieb gehen – zunächst mit einer schwimmenden Regasifizierungseinheit (FSRU), die aufgrund des Einsatzes von Bioziden auch schon Kritik hervorruft. Später, ab 2026, sollen an Land gebaute Anlagen die schwimmenden Einheiten ersetzen.

Auf die Möglichkeit, synthetisches Flüssigerdgas (Synthetic Natural Gas, SNG) zu nutzen, wird nur am Rande eingegangen. Entsprechende Pläne gibt es für ein zweites LNG-Terminal in Wilhelmshaven. Dort soll in etwa in sonnenreichen Ländern Solarstrom verwendet werden, um per Elektrolyse Wasserstoff zu gewinnen. Dieser soll mit Kohlenstoffdioxid zu Methan (CH₄) umgewandelt und als Flüssigerdgas verschifft werden. Am Ankunftsort soll das CO₂ wieder abgeschöpft und zum Ursprungsort zurücktransportiert werden.

Der Vorteil von SNG wäre, dass die vorhandene Infrastruktur ohne Umbauten einfach weitergenutzt werden könnte. Die Studie nennt SNG hingegen "völlig hypothetisch". Für eine kohlenstoffneutrale Produktion müsse in großem Stil CO₂ aus der Umgebungsluft extrahiert werden, was sehr teuer sei, um Verluste im Kreislauf zu kompensieren.

(mki)