Studie zur Ökobilanz des Gebrauchtwarenhandels über eBay

Das Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) ist gemeinsam mit Partnern der Frage nachgegangen, ob der Weiterverkauf von gebrauchten Produkten über die Handelsplattform eBay zur Umweltentlastung beiträgt. Die Antwort: ein dezidiertes "Ja, aber".

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Von
  • Richard Sietmann

"In deutschen Haushalten", so schätzte der Geschäftsführer von eBay Deutschland, Stephan Zoll, heute in Berlin, "werden nicht mehr benötigte Produkte mit einem durchschnittlichen Wert von 1000 Euro aufbewahrt – hochgerechnet sind das über 40 Milliarden Euro." Nicht nur der eBay-Manager sieht darin ein großes Potenzial. Bevor diese Produkte nach Jahren in den Müll wandern, könnte ihre Vermarktung über Online-Plattformen zur Wieder- und Weiterverwendung einen wesentlichen Beitrag zur Umweltentlastung leisten, ist Siegfried Behrendt vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) überzeugt. Elektronische Gebrauchtwarenmärkte böten Chancen für einen nachhaltigen Konsum, wenn sich die Einstellungen zum Güterbesitz verändern: Weg vom Anhäufen von Produkten, hin zu einer "Auktionskultur", die durch temporären Besitz gekennzeichnet ist. Das Vermarkten gebrauchter Güter im Internet führe dazu, dass Produkte länger genutzt und zusätzliche Umweltbelastungen durch Neukäufe vermieden werden können.

Gemeinsam mit der eBay International AG, Wissenschaftlern der Universität Frankfurt/M und des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit hat das IZT im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts Sozial-Ökologische Forschung (SÖF) den Gebrauchtwarenhandel auf der Auktionsplattform unter Umweltgesichtspunkten untersucht. Dazu werteten die Wissenschaftler die Antworten von insgesamt 6700 privaten Nutzern der Plattform aus und zu drei ausgewählten Produktgruppen – Kinderkleidung, Notebooks, Sofas – analysierten sie die Ökobilanz.

Das Ergebnis des zweijährigen Forschungsprojektes ist ein dezidiertes "Ja, Aber". Insgesamt führt der Gebrauchtwarenhandel im Internet zu weniger Neukäufen und wirken sich damit positiv auf die Umweltbilanz aus. So wäre ohne eBay von 40 Prozent der Befragten die gebraucht erworbene Kinderkleidung neu gekauft worden, bei Notebooks hätten 25,5 Prozent das Gerät ohne eBay neu erstanden und bei über einem Viertel der Sofa-Käufer wurde durch die Auktionsplattform der Erwerb eines Neuproduktes vermieden.

Aber "die Entlastungseffekte sind nicht voraussetzungslos", wie Behrendt auf der Abschlussveranstaltung betonte. Sie träten nur ein, wenn sich der Konsum dadurch nicht zusätzlich beschleunige. Positive Umweltwirkungen seien am ehesten bei langlebigen und hochwertigen Produkten zu verzeichnen, deren Nutzungszeit sich durch den Wiederverkauf verlängere. Und nicht immer gilt die Devise "Re-Use ist besser als ein Neuprodukt". Unter Umständen überwiegen die Effizienzgewinne von Neugeräten die Ressourcen-schonenden Wirkungen durch die längere Nutzung der alten. "Da gibt es einen Break-Even-Point" wie Lorenz Erdmann ausführte, "und der ist bei alten Waschmaschinen und alten Fernsehern ungünstiger". Antworten können nur immer produktspezifisch gefunden werden, und hierzu seien aufklärende Informationen vonnöten.

Die Befragung ergab jedoch, dass Umweltaspekte als Kauf- oder Verkaufsmotiv bei den eBay-Nutzern bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Zweckmäßigkeit – bequem Geld zu sparen oder mit dem alten Kram noch Geld zu verdienen – sowie der Spaßfaktor des Nervenkitzels, ob das Bieten zum Erfolg führt, werden höher eingeschätzt. Lediglich 27 Prozent der Käufer und Verkäufer führten die Umweltschonung als Kriterium an. "Der Handel mit gebrauchten Produkten wird kaum mit Umweltschutz in Verbindung gebracht", resümierte die Gesellschaftswissenschaftlerin Birgit Blättel-Mink von der Universität Frankfurt.

Gleichwohl hätte die Umfrage unter den Nutzern "eine sehr hohe Bereitschaft" zutage gefördert, die brachliegenden Schätze auf dem Dachboden zu über das Internet zu aktivieren, aber – so die Frankfurter Professorin – "es sind eher spezifische Lebensphasen, die relevant sind, ob man gebrauchte Güter kauft oder verkauft". Chancen zur weiteren Erschließung des Gebrauchtmarktes sehen die Projektteilnehmer daher vor allem in der Entwicklung von Angeboten für bestimmte Lebenssituationen wie Umzug, Geburt, Gründung eines Hausstandes oder der Aufnahme eines Studiums. Die Intensivinterviews im Projekt hätten ergeben, dass Eltern vor allem hochpreisige Kindersachen online gebraucht handeln, dass Ruheständler gern Informationen über Sammlerobjekte einholen, und dass Geringverdiener sich über Auktionen Dinge leisten können, auf die sie sonst verzichten müssten. (pmz)