TV-Reportage über Apple-Produktion in China

Der US-Sender "ABC" brachte am Dienstagabend eine 18minütige Reportage aus Shenzhen und Chingdu.

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Der Druck auf den kalifornischen Computerkonzern Apple wächst, die Arbeitsbedingungen in seinen Fabriken in China zu verbessern. Im Kreuzfeuer der Kritik steht dabei sein wichtigster Auftragshersteller Foxconn aus Taiwan, der 1,2 Millionen Arbeiter in China beschäftigt – neben Apple zählt er auch andere High-Tech-Firmen wie Dell, Hewlett-Packard, IBM oder Sony zu seinen Kunden.

Der US-Sender ABC, bei dessen Mutterfirma Disney die Erben von Steve Jobs die größten Einzelaktionäre sind, hat nun erstmals Einblick in die Produktion bei Foxconn an den Standorten Chengdu und Shenzhen erhalten. "Nightline"-Korrespondent Bill Weir betonte in dem am Dienstagabend gesendeten 18-Minuten-Beitrag, der derzeit nur für US-Nutzer vollständig online zugänglich ist, die indirekten wirtschaftlichen Verbindungen zu Apple hätten keinen Einfluss auf seine Reportage gehabt. Weir erhielt laut eigenen Angaben breiten Zugang zu Produktionsstraßen, Schlafsälen und anderen Foxconn-Einrichtungen wie einer psychologischen Beratungsstelle. Er habe frei mit Angestellten reden dürfen. Interviewt wurde für den Beitrag unter anderem ein verantwortlicher Foxconn-Manager, der bereits bei Apple gearbeitet hat. Ein Gespräch mit Apple-Chef Tim Cook, das Weir ebenfalls angefragt hatte, kam dagegen nicht zustande.

Die Vorwürfe gegen Foxconn wiegen schwer: Übermäßige Überstunden und Schichten mit 12 bis 15 Stunden, sechs oder sieben Arbeitstage pro Woche, monotone Arbeit am Fließband, militärischer Führungsstil und Kasernierung in überfüllten Wohnheimen auf dem Fabrikgelände. Zudem soll Foxconn Minderjährige vor dem in China erlaubten Alter von 16 Jahren beschäftigt haben. Der weltgrößte Elektronikhersteller macht schon seit zwei Jahren mit einer Serie von Selbsttötungen unglücklicher Mitarbeiter von sich reden. Weir zeigt in seinem Beitrag die Netze, die an den meisten Gebäuden auf dem riesigen Fabrikgelände angebracht sind und Selbstmorde verhindern sollen. In den Schlafsälen müssten die Mitarbeiter mit fünf bis sieben weiteren Angestellten übernachten, wofür ihnen 17,50 Dollar im Monat vom Lohn abgezogen würden. Auch für ihr Kantinenessen müssen die Angestellten 70 US-Cent pro Portion zahlen, bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 1,78 Dollar. Eine am Wochenende verkündete Lohnerhöhung von 16 bis 25 Prozent kritisieren Beobachter als einen Versuch der Schadensbegrenzung in der PR-Krise von Foxconn.

Weir zeigt in seinem Beitrag, wie stark Foxconn derzeit noch auf Handarbeit setzt. So sind 131 Schritte notwendig, um ein iPhone herzustellen, bis zu 325 Hände fassen ein iPad an. Neue Angestellte am Fließband werden innerhalb von nur drei Tagen angelernt.

In einem investigativen Artikel der New York Times, der Ende Januar erschienen ist, warfen frühere Manager dem Apple-Konzern vor, nur an der Verringerung der Produktionskosten interessiert gewesen zu sein und bei Missständen ein Auge zugedrückt zu haben. Den Vorwurf der Ausbeutung wollte der neue Apple-Chef Tim Cook aber nicht auf sich sitzen lassen: "So sind wir nicht", sagte er.

Apple war zuvor als erster Elektronikhersteller der Organisation Fair Labor Association (FLA) beigetreten, die sich weltweit für bessere Arbeitsbedingungen einsetzt, und verschaffte FLA-Inspektoren erstmals Zugang zu den sonst sorgsam von der Außenwelt abgeschnittenen Foxconn-Fabriken. "Wir sind der Überzeugung, dass die Beschäftigten überall auf der Welt ein Recht auf ein sicheres und faires Arbeitsumfeld haben", sagte Cook.

ABC-Journalist Weir konnte bei seinem Aufenthalt in China unter anderem mit FLA-Präsident Auret van Heerden sprechen. Dieser gab an, dass Apple für die Mitgliedschaft 250.000 Dollar gezahlt habe und auch für die aktuell laufenden Auditing-Maßnahmen bei Foxconn und anderen Auftragsherstellern aufkomme.

Zwei jeweils fünf Minuten lange Ausschnitte aus dem "Nightline"-Beitrag namens "A Trip to the iFactory" sind durch ABC bei YouTube (1, 2) eingestellt worden. (Mit Material von dpa) (bsc)