Teams: Microsoft droht EU-Wettbewerbsbeschwerde

Im vergangenen Jahr hat Microsoft Teams in der EU von Office 365 entkoppelt, um eine mögliche Kartellstrafe abzuwenden. Die Strategie scheint gescheitert.

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Team-Plattform Microsoft «Teams»

Das Logo der Kommunikationsplattform MS Teams von Microsoft ist auf einem Handy zu sehen.

(Bild: dpa, Debarchan Chatterjee/ZUMA Wire/dpa)

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Von
  • Andreas Knobloch
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Die Europäische Kommission wird ein Kartellverfahren gegen Microsoft anstrengen, weil der US-Tech-Konzern nach Ansicht der EU-Wettbewerbshüter die Konkurrenz seiner Kommunikations-App Teams untergräbt. Das meldete am Montag die Tageszeitung Financial Times.

Laut dem Bericht, der sich auf drei nicht genannte Personen beruft, die mit dem Vorgang vertraut sind, treibt die EU-Kommission eine formale Anklage gegen Microsoft voran, weil sie befürchtet, dass der Software-Riese den Wettbewerb in der Europäischen Union (EU) einschränkt.

Die Europäische Kommission untersucht Microsofts Kopplung von Office und Teams, nachdem die Salesforce-Tochter Slack im Sommer 2020 Wettbewerbsbeschwerde bei der EU eingelegt hat. Der Vorwurf: Microsoft handele illegal und wettbewerbswidrig, indem Teams in die Microsoft-365-Dienste eingebunden werde. Der deutsche Anbieter von Videokonferenzsystemen Alfaview beschwerte sich im Juli vergangenen Jahres ebenfalls bei der EU-Kommission. Um eine mögliche EU-Kartellstrafe abzuwenden, begann Microsoft daraufhin ab Oktober letzten Jahres, Teams in der EU und der Schweiz getrennt von Microsoft 365 und Office 365 zu verkaufen. Ende März folgte die Entflechtung im Rest der Welt.

Die mit dem Vorgang vertrauten Personen sagten gegenüber Financial Times jedoch, dass innerhalb der EU-Kommission weiterhin Sorge bestünde, dass Microsoft "nicht weit genug gehe, um Fairness auf dem Markt zu ermöglichen". Die Microsoft-Konkurrenten befürchten demnach, dass Microsoft Teams mit der eigenen Software kompatibler machen wird als mit der anderer Anwendungen. Ein weiteres Problem sei die fehlende Übertragbarkeit von Daten, was es Teams-Nutzerinnen und -Nutzern erschwere, zu alternativen Angeboten zu wechseln.

Sollte es zu einem Kartellverfahren kommen, würde ein jahrzehntelanger Waffenstillstand zwischen den EU-Regulierungsbehörden und Microsoft beendet, schreibt Financial Times. Eine Anklage könnte dem Blatt zufolge in den nächsten Wochen erfolgen. Die anonymen Quellen der Financial Times weisen jedoch darauf hin, dass Microsoft in letzter Minute noch Zugeständnisse machen könnte, die ein Verfahren verhindern würden. Auch könnte die EU-Kommission beschließen, die Anklage gegen Microsoft zu verzögern oder ganz zu streichen. Sollte es zum Verfahren kommen und ein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht festgestellt werden, stehen Geldstrafen gegen den Konzern von bis zu zehn Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes im Raum.

Eine Stellungnahme lehnte Microsoft gegen Financial Times ab, verwies aber auf eine frühere Erklärung, in der es hieß, es werde "weiterhin mit der Kommission zusammenarbeiten, sich die Bedenken des Marktes anhören und offen für pragmatische Lösungen sein, von denen sowohl Kunden als auch Entwickler in Europa profitieren". Auch die EU-Kommission äußerte sich gegenüber der Zeitung nicht.

Die EU untersucht bereits, ob die Allianz von Microsoft mit dem ChatGPT-Hersteller OpenAI gegen EU-Wettbewerbsrecht verstößt. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission zuletzt mehrere Verfahren gegen große Tech-Konzerne wegen möglicher Verstöße gegen den Digital Markets Act (DMA) und den Digital Services Act (DSA) eingeleitet. Mit diesen neuen Gesetzen beabsichtigt die EU den Machtmissbrauch durch die großen Player einzuschränken.

Ende April leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen Facebook und Instagram ein. Der Mutterkonzern Meta bekämpfe irreführende Werbung und Desinformationskampagnen in der EU nicht hinreichend, so der Vorwurf. Die Kommission hat wegen möglicher Verstöße gegen den DSA bereits Verfahren gegen TikTok und X, früher Twitter, eingeleitet. Auch Googles Suche und Google Play, Metas Bezahl-Modell und Apples App-Store-Regeln haben die EU-Kommission auf den Plan gerufen.

(akn)