Teslas Kritik an deutscher Bürokratie stößt auf Widerspruch und Wohlwollen

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium wird Kritik an Teslas Kritik laut, von anderer Seite kommt Unterstützung.

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Das Tesla-Gelände in Grünheide Ende März.

(Bild: @gigafactory_4)

Lesezeit: 4 Min.

Teslas Kritik an dem Genehmigungsverfahren rund um seine Gigafactory in Grünheide bei Berlin stößt beim Mittelstandsbeauftragten der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), auf Unverständnis. "Ich kenne derzeit kein anderes Projekt, für das auf allen Ebenen so viel getan wurde, um eine schnelle Realisierung zu gewährleisten, wie für das Vorhaben Tesla", sagte Bareiß dem Handelsblatt.

Tesla hatte in einem Schreiben an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg betont, sein Werk helfe durch die Verbreitung von Elektromobilität gegen den Klimawandel. Allerdings gebe es 16 Monate nach dem Antrag noch keinen Zeitplan für eine endgültige Genehmigung des Baus seiner Fabrik. Das "eklatanteste Problem" sei, dass in Verfahren und Gesetzen Projekte, die den Klimawandel bekämpften, und solche, die ihn beschleunigten, gleich behandelt würden. Der US-Elektroautohersteller will in Grünheide ab Sommer produzieren und am Ende 500.000 Model Y pro Jahr fertigen. Bisher wird die Gigafactory nur mit vorläufigen Genehmigungen errichtet.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zeigte sich offen für eine Gesetzesänderung, um Investitionen zu bevorzugen, die der Versorgungssicherheit dienten. Das Bundeswirtschaftsministerium verwies allerdings darauf, dass in der laufenden Legislaturperiode acht Gesetze in Kraft getreten seien, um Planungen und Genehmigungen zu beschleunigen.

Der Ökonom Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, forderte schnelle Verfahren für Projekte, in denen es darum geht, Produktion und Mobilität zu dekarbonisieren. Hier sollten nicht sachfremde Argumente oder Gruppen, die nicht betroffen sind, die Interessenabwägung beeinträchtigen. Darüber werde zwar in Bund und Ländern gesprochen, die Fortschritte seien aber gering. So würde behindert, die klimapolitischen Ziele zu erreichen.

Gegenüber dem Handelsblatt räumte Bareiß ein, dass das Tesla-Projekt einen schwer lösbaren, "immer größeren Interessenkonflikt" zwischen Artenschutz, Umweltschutz und Klimaschutz aufzeige. Politik und Genehmigungsebene müssten immer mehr zwischen "dem Schutz des Lebensraums der Fledermaus oder der Eidechse und andererseits der Einhaltung unserer hohen Klimaschutzziele" abwägen und Prioritäten setzen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.

Vor allem im Mittelstand würden "Genehmigungsabläufe immer mehr zum Investitionshemmnis", ergänzte Bareiß. Die Genehmigungszeiten hätten sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Doch seien mit dem neuen Investitionsbeschleunigungsgesetz "erste wichtige Schritte" gemacht worden.

Tesla hatte sich in einem Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg geäußert. Die DUH will die Bundesregierung über ein Gerichtsurteil zwingen, ein Programm aufzustellen, um das Klimaschutzziel 2030 zu erreichen. DUH-Chef Jürgen Resch nannte Teslas Brief "segensreich", weil er Schwung in die Diskussion bringe, wie die Überbürokratisierung zurückgefahren werden könne, ohne die Mitwirkungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft zu schleifen.

Die ersten 1500 Seiten umfassenden Unterlagen für das Genehmigungsverfahren hatte Tesla am 20. Dezember 2019 eingereicht. Die Pläne wurden zweimal öffentlich ausgelegt, da Tesla in der Zwischenzeit einige Änderungen vorgenommen hatte. Bis zum 3. September 2020 gingen Einwendungen von 414 Personen ein; eine solche Anzahl sei in derartigen Verfahren üblich, erläutert das Land Brandenburg.

Zuletzt waren Bedenken wegen der Wasserversorgung in dem betroffenen Gebiet wieder laut geworden. Dabei habe eine anlagentechnische Optimierung bereits zu einer deutlichen Reduzierung des Wasserverbrauchs gegenüber der ursprünglichen Planung geführt. Dazu gehörten Wärmepumpen statt eines gasbetriebenen Zentralheizungssystems sowie Luft- statt Wasserkühlung.

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Tesla hat bisher zwölf Anträge für die Zulassung des vorzeitigen Beginns gestellt, um bereits vor der Erteilung der Genehmigung auf eigenes Risiko die Anlage errichten zu dürfen. Von diesen hat das Landesamt für Umwelt neun stattgegeben, einen Antrag hatte Tesla zurückgezogen, zwei Anträge werden derzeit geprüft.

Tesla Model Y (7 Bilder)

(Bild: Tesla)

Die Regelung, einen vorzeitigen Beginn zuzulassen, gibt es in allen Bundesländern, sie wird von Investoren unterschiedlichster Branchen genutzt. Wenn es zu keiner Gesamtgenehmigung kommt, muss der Investor den ursprünglichen Zustand wiederherstellen oder kompensieren. Tesla hat hierfür Patronatserklärungen abgegeben, da die Arbeiten in Grünheide vorangeschritten sind.

(anw)