TikTok-Anhörung am obersten US-Gerichtshof: Richter zeigen sich skeptisch
Von Redefreiheit bis nationaler Sicherheit: Gegner und BefĂĽrworter des in den USA geplanten TikTok-Verbots trugen dem Gerichtshof am Freitag ihre Argumente vor.
- Niklas Jan Engelking
- mit Material der dpa
Die Social-Media-Plattform TikTok steht in den USA kurz vor einem Verbot, nun gab es eine Anhörung von Gegnern und Befürwortern des Verbots vor dem obersten US-Gerichtshof. Hinter TikTok steht der chinesische Konzern ByteDance, welcher um den Termin gebeten hatte. Doch die Richter zeigten sich skeptisch.
Das Gesetz verbietet Hostingdienste sowie Verbreitung und Updates für "von ausländischen Gegnern kontrollierte Anwendungen". Selbst die Verbreitung einschlägiger Sourcecodes wird verboten. Die Strafen belaufen sich auf bis zu 5.500 US-Dollar pro User.
TikTok beruft sich auf US-Verfassung
Das Gesetz tritt am 19. Januar in Kraft. Wenn ByteDance sich bis dahin nicht durch einen Verkauf von der Plattform trennt, würde sie in den USA gesperrt. Doch das hat der Konzern nicht vor und beruft sich stattdessen auf den ersten Zusatz der amerikanischen Verfassung zur Redefreiheit. Vor diesem Hintergrund hatte der Konzern auch um die Anhörung gebeten.
Noel Francisco, welcher TikTok bei dem Termin als Anwalt vertrat, betonte laut Medienberichten, dass der Social-Media-Dienst am 19. Januar US-weit abgeschaltet würde, wenn das Gesetz in seiner jetzigen Form in Kraft tritt. Dann würde die Anwendung in Amerika aus allen App-Stores entfernt und vermutlich auch der Zugang gesperrt, wenn es keinen Verkauf oder zumindest ernsthafte Gespräche darüber gibt. Das Gesetz betrifft ebenso die ByteDance-Apps Lemon8 und CapCut.
Anwalt sieht weniger Freiheit fĂĽr Urheber
Francisco drängte darauf, dass das Gericht zu anderen Maßnahmen greift als der eines vollständigen Verbots, welches seiner Meinung nach das Recht der Amerikaner auf freie Meinungsäußerung verletzen würde.
Auch die Freiheiten der Menschen, die ihre Inhalte auf TikTok anbieten, würden mit dem neuen Gesetz eingeschränkt, betonte Anwalt Jeffrey Fisher. Urheber von Inhalten sollten frei wählen können, wo sie diese veröffentlichen. Er stellte auch infrage, warum die US-Regierung ausgerechnet TikTok im Visier habe.
Regierung sieht TikTok als Waffe Chinas
Darauf ging auch US-Generalstaatsanwältin Elizabeth Prelogar ein, welche die US-Regierung in dem Fall vertritt. China könne TikTok demnach jederzeit als "Waffe" einsetzen, um den USA zu schaden. Sie attestierte China zudem einen "unstillbaren Appetit" auf Informationen über Amerikaner. Ein Verbot von TikTok würde den chinesischen Eigentümer dazu bringen, die App zu verkaufen.
Insgesamt sind TikTok-Vertreter beim Versuch, das bald drohende Aus in den USA abzuwenden, auf eher skeptische Richter getroffen. So verwies Richterin Amy Coney Barrett darauf, dass das betreffende Gesetz nicht ein Verbot der App fordere, sondern lediglich den Verkauf durch den aktuellen Besitzer Bytedance vorschreibe. Damit hätten Tiktok und Bytedance die Möglichkeit gehabt, durch eine Trennung den Fortbestand der Plattform in den USA zu sichern, argumentierte sie.
Die neun verantwortlichen Richter werden voraussichtlich in den kommenden Tagen über den Fall entscheiden. Bleibt das Gesetz in seiner jetzigen Form bestehen, träte das Verbot einen Tag vor Donald Trumps zweiter US-Präsidentschaft in Kraft.
Auch Trump hat sich vor einiger Zeit mit einem Brief an den obersten Gerichtshof gegen das TikTok-Verbot stark gemacht. In seiner ersten Amtszeit wollte er die Plattform selbst noch verbieten. Seinen Erfolg bei den vergangenen US-Wahlen führt er teilweise auch auf die App zurück. Der noch amtierende Präsident Joe Biden könnte die Frist für Tiktok noch um drei Monate verlängern – allerdings nur, wenn es aussichtsreiche Verkaufsverhandlungen gibt.
(nen)