Handy am Steuer: Bußgeldbescheide gegen mit Monocam gefundene Autofahrer gültig

KI kann erkennen, wer am Lenkrad ein Handy nutzt. Der "Handy-Blitzer" ist so neu, dass es hierzulande keine Rechtsgrundlage dafür gibt. Nun gab es ein Urteil.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 338 Kommentare lesen

Die Monocam soll automatisch erkennen, ob am Steuer ein Handy benutzt wird.

(Bild: polizei.rlp.de)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Die ersten Bußgeldbescheide nach dem Einsatz eines neuartigen "Handy-Blitzers" in Deutschland bleiben zumindest vorerst gültig. Das Amtsgericht Trier wies am Donnerstag Einsprüche von drei Autofahrern gegen Bußgeldbescheide wegen Nutzung eines Mobiltelefons am Lenkrad zurück. Zwar stellte das Gericht fest, dass es keine Rechtsgrundlage für den Einsatz des neuen Geräts gegeben habe. Dennoch dürften die vorgelegten Beweise für unerlaubte Handy-Nutzung am Steuer vom Gericht verwertet werden.

Rheinland-Pfalz hatte als erstes Bundesland den "Handy-Blitzer" seit Juni 2022 jeweils drei Monate lang zunächst in Trier und dann in Mainz getestet. Das in den Niederlanden entwickelte System sieht einem normalen Tempo-Blitzer ähnlich, funktioniert aber anders. Von einer Autobahnbrücke aus werden zunächst alle vorbeifahrenden Fahrzeuge per Video aufgenommen. Gespeichert werden die Bilder aber erst, wenn die Auswertungssoftware ein Handy und eine typische Handhaltung für Handynutzung beim Fahrer oder der Fahrerin erkannte.

Der Verkehrsrechtler Jürgen Verheul, der zwei Betroffene vertrat, kündigte nach dem Urteil eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz an. "Das ist eine Ermessensfrage, aber ich finde das nicht konsequent", sagte er. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hatte vor dem Urteil erklärt, für eine dauerhafte Nutzung sei zweifellos eine "spezifische Rechtsgrundlage" nötig. Für den Pilotversuch könne man jedoch auf eine Generalklausel im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes zur Gefahrenabwehr zurückgreifen.

Dies sah der Trierer Amtsrichter David Geisen-Krischel anders: "Der Einsatz kann nicht auf die Generalklausel gestützt werden", sagte er. Es gebe "keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Maßnahme". Auch bei einem Pilotprojekt könne nicht auf eine Ermächtigungsgrundlage verzichtet werden, zumal schon in der Versuchsphase Bußgeldbescheide ergangen seien.

Trotz fehlender Rechtsnorm dürften die gesammelten Beweise dennoch verwertet werden, weil die rechtliche "Eingriffsintensität" nicht so hoch sei, sagte er. Es gebe vielmehr ein erhebliches öffentliches Interesse an der Sanktionierung der Handy-Nutzung am Lenkrad.

Verkehrsrechtler Verheul sagte, das Gericht habe "eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass diese Maßnahme eigentlich gar nicht hätte stattfinden dürfen". Dennoch habe es kein Beweisverwertungsverbot erlassen. Mit dem Einsatz des "Handy-Blitzers" ohne Rechtsgrundlage werde das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" verletzt. Auch bei einem Probebetrieb müssten die rechtlichen Grundlagen vorhanden sein, wenn es Sanktionen gebe. In einem vierten Fall gab es einen Freispruch, weil der Autofahrer argumentierte, er habe kein Handy, sondern sein Blutzuckermessgerät in der Hand gehabt. Ein fünfter Fall wurde wegen fehlender Unterlagen vertagt.

Wie viele Bußgeldbescheide im Laufe des sechsmonatigen Einsatzes des "Handy-Blitzers" ausgestellt wurden, wollte das Ministerium trotz mehrfacher Anfrage nicht mitteilen. Das Innenministerium werde eine Bilanz zum Pilotprojekt präsentieren, hieß es lediglich.

(mho)