Urteil: 1N Telecom täuscht Vertragsbeziehung mit der Deutschen Telekom vor

Das Amtsgericht Leipzig bestätigt einer Beklagten, dass bei einem vermeintlichen Tarifwechsel mit der 1N Telecom kein Vertrag zustande kommt.

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Rechts ein altes Telefon mit Kurbel, in der Mitte ein Schnurlostelefon in Ladeschale, links ein Telefon mit Wählscheibe

Wie viele Telefonanschlüsse möchte eine betagte Sächsin wohl haben?

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Verbraucher halten Schreiben von 1N Telecom immer wieder fĂĽr Angebote der Deutschen Telekom und lassen sich auf vermeintliche Tarifwechsel ein. Doch dabei kommt in der Regel kein Vertrag zustande. Dies sagt zumindest das Amtsgericht Leipzig in einem heise online vorliegenden Urteil (Az.: 109 C 1409/24).

Anlass ist eine Klage der 1N Telecom gegen eine "betagte" Verbraucherin unter anderem auf Vertragserfüllung und Tarifzahlung. Doch der Betroffenen sei "offenbar unter Vortäuschung einer Vertragsbeziehung der Klägerin" zur Deutschen Telekom ein "unbrauchbarer und überflüssiger zweiter Festnetzvertrag untergeschoben" worden.

Die Zivilabteilung I des Amtsgerichts hat daher mit dem Beschluss einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom Februar aufgehoben und die Klage von 1N Telecom abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits muss das Düsseldorfer Unternehmen tragen. Eine Berufung haben die Leipziger Richter nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung habe und es keiner potenziellen Fortbildung des Rechts bedürfe.

Die Seniorin habe ihren alten Vertrag behalten wollen, heißt es in der Begründung. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Übertölpelte "einen weiteren Festnetzvertrag abschließen und bezahlen wollte". Daher sei es nicht zu der von der Klägerin erwarteten Portierung der Telefonnummer gekommen. Ein Schadenersatzanspruch scheidet laut Amtsgericht Leipzig schon deshalb aus, weil die Seniorin den Akten zufolge keinen Vertragswillen zum Ausdruck gebracht hat.

Beate Landgraf, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen, begrüßt das Urteil. Es "bestätigt unsere Auffassung", dass hier kein Vertrag mit 1N Telecom zustande gekommen ist. Leider höre der Namensvetter der Deutschen Telekom "trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und diverser Klageverfahren nicht auf", Verbraucher mit Postwurfsendungen zu überziehen. Auch scheuten viele Betroffene den Klageweg und zahlten lieber. Das Urteil sei "ein weiteres Argument", 1N Telecom kein Geld zu geben.

Die 1N Telecom irritiert Verbraucher seit vielen Monaten mit nicht bestellter Werbepost und angeblichen Gewinnspielen. Der Anbieter preist darin etwa einen DSL-Tarif oder kostenlose Festnetzanrufe zu Mobilfunknummern an. Die Briefe sind persönlich adressiert und enthalten die Nummer des aktuellen Anschlusses der Betroffenen bei der Deutschen Telekom. Bürger nehmen das Angebot in dem Glauben an, nur einen Tarifwechsel bei der Deutschen Telekom vorzunehmen, warnen Verbraucherschützer seit Langem. Tatsächlich gehe es aber um einen Anbieterwechsel.

Unter anderem der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat vor Gericht erreicht, dass 1N Telecom bestimmte Klauseln nicht mehr verwenden darf. Darin hieß es etwa, Kunden müssten ihre bisherige Rufnummer übertragen. Im September verwies der vzbv auf bereits über 11.000 Beschwerden Betroffener. Die Bundesnetzagentur soll 2023 imstande gewesen sein, rund 15.000 ungewollte Wechsel zu 1N Telecom zu stoppen. Der vzbv prüft eine Sammelklage. Betroffene können sich dafür an einer kurzen Umfrage beteiligen. Die Telekom versicherte im Februar, auch künftig "alle ihr zur Verfügung stehenden juristischen Mittel und Wege" auszuschöpfen, "um die irreführende Kundenansprache der 1N Telecom zu unterbinden".

(ds)