Urteil: Berliner Friedrichstraße durfte nicht für Autos gesperrt werden

Es gibt keine ausreichende Rechtsgrundlage, um die Friedrichstraße in Berlin für motorisierten Verkehr zu sperren, meint das Verwaltungsgericht.

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Die Berliner Friedrichstraße im Jahr 2020.

(Bild: gemeinfrei)

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Die Friedrichstraße in Berlin hätte nicht für den Kfz-Verkehr gesperrt werden dürfen. Das geht aus einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin hervor. Das Argument der Straßenverkehrsbehörde, durch die Sperrung solle die Aufenthaltsqualität der Friedrichstraße als Geschäftsstraße verbessert werden, finde in der Straßenverkehrsordnung keine Rechtsgrundlage, heißt es unter anderem zur Begründung.

Das Gericht hat nun das Land Berlin verpflichtet, die entsprechenden Verkehrszeichen innerhalb von zwei Wochen zu entfernen, sobald die Entscheidung rechtskräftig wird. Zunächst kann der Senat aber gegen den Beschluss beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde einlegen. Mit einer Stellungnahme des Senats dazu ist noch am heutigen Dienstag zu rechnen, sagte eine Sprecherin gegenüber heise online.

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hatte Mitte 2020 einen Verkehrsversuch zur Verkehrsberuhigung der Friedrichstraße angeordnet. Dafür wurde die Friedrichstraße zwischen der Französischen Straße und der Leipziger Straße bis zum 31. Oktober 2021 für den Kfz-Verkehr voll gesperrt. Danach beantragte die Senatsverwaltung beim Bezirksamt Mitte die straßenrechtliche Teileinziehung des aktuell gesperrten Abschnitts. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, für die Zeit bis dahin ordnete die Senatsverwaltung an, dass die Friedrichstraße weiter für den motorisierten Verkehr gesperrt bleibt. Dagegen wandte sich eine Inhaberin eines Geschäfts in der Nähe der Friedrichstraße.

Das Verwaltungsgericht urteilte nun, die Straßenverkehrsbehörden könnten die Benutzung bestimmter Straßenstrecken nur beschränken oder verbieten, wenn eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs gegeben sei. Das Gericht sieht aber nicht "eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit, das heißt eine konkrete Gefahr aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse".

Falls solche Gefahren vorliegen, könnten straßenverkehrsrechtliche Anordnungen auch ergehen, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu unterstützen. Es sei aber zweifelhaft, ob das dafür nötige Verkehrskonzept vorliegt. Allein die Planungen zur "Flaniermeile Friedrichstraße" – wie sie der Senat nannte – dürften nach Meinung des Gerichts diesen Anforderungen nicht genügen. Es gehe vor allem darum, die Attraktivität der Friedrichstraße zu erhöhen; dieses basiere aber nicht auf einem Verkehrskonzept.

Wenn eine Verkehrsbeschränkung auf der Grundlage des Straßenverkehrsrechts angeordnet wird, dürfe das nicht faktisch letztlich zu einer dauerhaften Entwidmung oder Teileinziehung führen, führte das Gericht weiter auf. Daher dürfe die Friedrichstraße nicht weiter gesperrt werden, bis das Teilentziehungsverfahren abgeschlossen ist.

Der Verkehrversuch gilt in Berlin als nicht gelungen. Selbst die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte im März dieses Jahres, sie höre von den Geschäftsleuten in der Straße, dass sie weniger Kunden hätten. Die Flaniermeile Friedrichstraße müsse anders aussehen.

Im April darauf zeigte sich die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) entschlossen, die Idee der autofreien Friedrichstraße weiterzuverfolgen. Die bisher verfolgte Idee einer "Flaniermeile" mit dem Fußverkehr im Mittelpunkt habe so nicht funktioniert, hieß es aus der Behörde. Als problematisch habe sich insbesondere der Radweg erwiesen. Daher sollten auch Radfahrer aus der Friedrichstraße ferngehalten werden.

(anw)