Vorschlag der Grünen in Berlin: Keine Radfahrer mehr in der Friedrichstraße

Das Projekt "autofreie Friedrichstraße" in Berlins soll fortgeführt werden. Neueste Idee: Nach den Autofahrern sollen nun auch die Radfahrer verbannt werden.

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Das bekannte Kaufhaus Galeries Lafayette liegt an der Friedrichstraße, in der nun in einem Abschnitt auch keine Radfahrer mehr geduldet werden sollen.

(Bild: Galeries Lafayette)

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  • dpa
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Berlins Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) will die Idee der autofreien Friedrichstraße nicht nur fortführen, sondern noch ausbauen. Geplant sei, den breiten Radweg in der Straßenmitte abzuschaffen, teilte die Verkehrsverwaltung mit, nachdem die Berliner Morgenpost berichtet hatte. Die bisher verfolgte Idee einer "Flaniermeile" mit dem Fußverkehr im Mittelpunkt habe so nicht funktioniert, sagte ein Sprecher. Als problematisch habe sich insbesondere der Radweg erwiesen. Künftig hätten überall Fußgänger Vorrang. "Das ist eine entscheidende Verbesserung." Denn dadurch ergäben sich komplett neue Gestaltungsmöglichkeiten.

Der Verkehrsversuch zur "Flaniermeile Friedrichstraße" hatte im August 2020 begonnen. Auf einem etwa 500 Meter langen Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße, an dem auch das Luxus-Kaufhaus "Galeries Lafayette" liegt, sind Autos seither tabu. Senat und der Bezirk Mitte verfolgten mit der Verkehrsberuhigung mehrere Ziele: bessere Luft, weniger Lärm, eine gerechtere Aufteilung des öffentlichen Raums und mehr Attraktivität fürs Shopping.

Allerdings blieb der erhoffte Aufschwung für die Einkaufsstraße, die mit edlen Geschäften zeitweise dem Kudamm den Rang ablief, später aber zunehmend Probleme bekam, bislang aus. Laut Aktionsbündnis "Rettet die Friedrichstraße" ging die Zahl der Besucher seit Start des Projekts sogar zurück, was auch an der Coronapandemie liegen könnte. Die Opposition im Abgeordnetenhaus fordert, das Projekt umgehend zu beenden.

Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) plant dagegen einen weiteren Anlauf mit neuem Konzept. Radfahrer sollen demnach künftig die parallel zur Friedrichstraße verlaufende Charlottenstraße nutzen. Diese soll als Fahrradstraße ausgewiesen und für den Auto-Durchgangsverkehr gesperrt werden. Geschäfte und Häuser blieben für Fahrzeuge und Lieferverkehr erreichbar, versprach ihr Sprecher.

"Mit dieser Verkehrslösung wird eine dauerhafte, qualitätsvolle Gestaltung möglich", meinte er. "Dazu wird ein Gestaltungswettbewerb vorbereitet, der das gesamte Areal in den Blick nimmt, bis hin zum Gendarmenmarkt." Dabei sei eine breite Beteiligung mit Anrainern, Nutzern der Friedrichstraße, dem Bezirk Mitte, der Zivilgesellschaft und Verbänden geplant. Wann welcher Schritt genau umgesetzt wird, ist den Angaben zufolge noch offen. "Wir werden die Friedrichstraße und ihre Umgebung zu einem attraktiven, modernen und grünen Stadtraum entwickeln, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft", erklärte Jarasch. Die Perspektive der Fußgängerinnen und Fußgänger werde dabei im Zentrum stehen. "Wir definieren den Begriff Flaniermeile neu, schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität und helfen so auch dem Einzelhandel am Ort."

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Der Verkehrsversuch habe gezeigt, dass der gelb markierte Fahrradstreifen Fußgänger daran hindere, "den Raum so zu nutzen, wie wir es uns gewünscht haben", so Jarasch weiter. "Mobilitätswende gelingt nur, wenn wir offen sind fürs Ausprobieren und dann aber auch konsequente Entscheidungen treffen. Das tun wir hier. Und ich freue mich auf die Debatte über die künftige dauerhafte Gestaltung dieses so wichtigen Stadtraums, gemeinsam mit allen Beteiligten." Eine Auswertung des Verkehrsversuchs ergab laut Verkehrsverwaltung auch eine "sehr hohe Zufriedenheit von Passantinnen und Passanten mit der Aufenthaltsqualität in einer autofreien Friedrichstraße". Vier von fünf Befragten wünschten sich eine dauerhafte Sperrung für den motorisierten Verkehr.

Teils harsche Kritik bekam Jarasch von der Opposition. FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider erklärte das Experiment "Flaniermeile Friedrichstraße" für gescheitert. "Nötig ist ein Verkehrskonzept für Berlin-Mitte, das den lokalen und überörtlichen Verkehr sowie den Wirtschaftsverkehr berücksichtigt." Den Fahrradverkehr nun allein durch die Charlottenstraße zu lenken, werde ein enormes Verkehrschaos und eine hohe Belastung für Menschen, Handel und Gastronomie vor Ort zur Folge haben.

Reifschneider schlug vor, zu prüfen, Charlotten- und Glinkastraße in gegenläufige Einbahnstraßen zu verwandeln, die Durchfahrt an der britischen Botschaft in der Wilhelmstraße zu öffnen und verbindliche Zeitfenster für den Lieferverkehr festzulegen. So könne der Verkehrsfluss durch Berlins Mitte für unterschiedliche Anforderungen gut gesteuert werden.

(mfz)