Verbrenner-Aus: Regierung fördert E-Fuels mit knapp 2 Milliarden Euro
Die Bundesregierung sieht strombasierte Kraftstoffe fĂĽr Kfz eigentlich nur noch als Abfallprodukt von E-Kerosin. Trotzdem flieĂźt viel Geld in die Entwicklung.
Mit etwa 1,9 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen "Klima- und Transaktionsfonds" will die Bundesregierung bis 2026 "die Weiterentwicklung und den Markthochlauf von strombasierten Kraftstoffen" (E-Fuels) und "fortschrittlichen Biokraftstoffen" fördern. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Verbrenner-Aus hervor.
Synthetische Kraftstoffe "unerlässlich"
Aufgrund der noch ausstehenden Freigabe von Fördermaßnahmen durch die EU-Kommission im Rahmen des sogenannten Notifizierungsverfahrens sei aber eine Aussage über einen Einsatz der anteiligen Mittel in 2023 noch nicht möglich, schränkt die Regierung. Aktuell weise die Zuwendungsdatenbank des Bundes unter den Stichworten "Kraftstoff" und "Fuel" 426 Förderprojekte aus, die mit insgesamt rund 369 Millionen Euro gefördert würden.
Bereits voriges Jahr hatte die Exekutive den Einsatz erneuerbarer synthetischer Kraftstoffe als "unerlässlich" bezeichnet, "um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen". Dies schließe E-Fuels ein, die unter hohem Energieaufwand mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlendioxid produziert werden.
Das Umweltressort konnte sich schon damals die als ineffizient geltenden, laut ADAC aber technisch problemlos machbaren E-Fuels in Pkws oder Lkws indes nur als eine Art Abfallprodukt vorstellen. Es gilt ihm zufolge zu beachten, "dass bei der Produktion von E-Kerosin technisch bedingt immer auch gewisse Mengen an E-Diesel und E-Benzin anfallen". Diese könnten dann beispielsweise "im Schiffs- oder Straßenverkehr genutzt werden". In diesem Sinne sehe auch die Treibhausgasminderungs-Quote (THG) des Immissionsschutzgesetzes explizit die Anrechnung und die Förderung von synthetischen strombasierten Kraftstoffen im Straßenverkehr vor.
Debatte ĂĽber EU-HintertĂĽr
Bezogen auf die Pkw-Bestandsflotte trügen verschiedene Optionen dazu bei, die THG-Quote zu erfüllen, erläutert die Regierung nun. Dazu zählten auch E-Fuels und fortschrittliche Biokraftstoffe. Diese könnten bei bestehenden Kfz mit Verbrennungsmotor helfen, die CO₂-Emissionen zu senken.
CDU und CSU erkundigten sich in ihrer Anfrage vor allem nach den Konsequenzen des ab 2035 EU-weit geltenden Neuzulassungsverbots fĂĽr Pkw mit Diesel- und Ottomotoren. Sie interpretieren die BrĂĽsseler Entscheidung als "RĂĽckschlag fĂĽr die Technologieoffenheit". Hintergrund ist, dass sich die EU-Gesetzgebungsgremien im Oktober auf eine "gemeinsame Linie zu COâ‚‚-Emissionsnormen fĂĽr neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge" einigten. Vorausgegangen war in Deutschland ein heftiger Streit innerhalb der Ampel-Koalition zwischen FDP und GrĂĽnen, ob damit ein klares Verbrenner-Aus verknĂĽpft sei.
Den Sieg reklamierten beide Seiten für sich. Sie stützen sich dabei auf einen Erwägungsgrund in der Verordnung, der eine Hintertür etwa für E-Fuels offen lässt: Nach Beratungen mit Interessensvertretern soll die Kommission demnach "einen Vorschlag dazu machen, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden". Dies gelte allein "außerhalb des Geltungsbereichs der Flottengrenzwerte und in Konformität mit den Zielen der Union für die Klimaneutralität".
Verkehrsbereich als Sorgenkind bei Klimazielen
Den Zusatz interpretieren Beobachter so, dass die potenziell mögliche Ausnahmeregelung für E-Fuels nicht für Autohersteller gelten würde, die mehr als 1000 Pkw und Lieferwagen pro Jahr produzieren. Sie würde sich nur auf Traktoren, Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeuge und Rennwagen erstrecken, aber nicht auf gängige Kfz für Verbraucher.
Laut dem Umweltministerium führten die Verhandlungen in Brüssel zu einer Absprache, "mit der eine klare, wie auch technologieoffene Lösung gefunden wurde". Damit erhalte "unsere Industrie die erforderliche Planungssicherheit, damit die sozialverträgliche Transformation" des Verkehrssektors gelingen könne und "industrielle Wortschöpfung in Deutschland gesichert wird". Die Bundesregierung habe den Ansatz daher unterstützt. Dem Koalitionsvertrags entsprechend setze man sich jenseits der Flottengrenzwerte dafür ein, "dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können".
Im Fokus der Klimaschutzpolitik im Verkehrssektor stehen laut der Antwort generell Maßnahmen, "die langfristig hohe Treibhausgasminderungspotentiale erwarten lassen". Dazu zählten "insbesondere die Förderung der Schiene und des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs sowie der Ausbau der Elektromobilität und die Digitalisierung der Mobilitätssysteme". Maßstab für die Erarbeitung des Klimaschutz-Sofortprogramms seien die Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetztes. Die Beratungen liefen und hätten bislang noch nicht abgeschlossen werden können. In der Zwischenzeit seien aber bereits viele Maßnahmen vorbereitet, auf den Weg gebracht oder beschlossen worden. Das gelte auch für den Verkehrsbereich, der ein ständiges Sorgenkind beim Erreichen der Klimaziele ist.
(mho)