Vor der Bundestagswahl 2017: Programm und Positionen der Linken

Seite 2: Gewinne umverteilen

Inhaltsverzeichnis

Die Gewinne der Vernetzung "müssen umverteilt werden", gehen die Autoren der Digitalagenda noch einen Schritt weiter. Ohne einen Sozialstaat 4.0 könne es eine digitale Demokratie nicht geben. Dazu kommen müssten flankierende Instrumente wie das bedingungslose Grundeinkommen.

"Die Digitalisierung geht auch am Pflegebereich nicht vorbei", ist dem Programm selbst zu entnehmen. Bereits jetzt würden in diesem Bereich Roboter eingesetzt. Menschenwürdige Pflege beinhalte aber auch einen Anspruch auf Pflege durch Menschen. Deshalb werde sich die Linke "für eine gesetzliche Mindeststundenanzahl an menschlichem Kontakt in Pflegeeinrichtungen einsetzen".

Das Internet bietet den Verfassern zufolge einen "freieren Informationszugang, direktere Vernetzung mit Gleichgesinnten und die praktische Vereinfachung der Organisation des Alltags". Der Zugang dazu müsse daher unabhängig von Einkommen und sozialem Hintergrund ermöglicht werden, dürfe nicht länger eine Frage des sozialen Status sein: "Die Verfügung über Computer und Internetzugang ist ein Teil des Existenzminimums."

"Sicherheit wird immer mehr zu einem Zustand, den man sich leisten können muss", moniert die bisherige Oppositionspartei im Bund. Der Vollzug bestehenden Rechts zur Abwendung von Gefahren müsse aber ebenso gewährleistet sein wie der Schutz der Freiheits- und Bürgerrechte. Dazu zählt die Linke Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Freiheit der Bürger vor staatlicher Ausspähung und Überwachung durch den Staat.

Besser gesichert werden soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Partei ist daher "gegen Vorratsdatenspeicherung, Bestandsdatenauskunft und Online-Durchsuchungen, nichtindividualisierte Funkzellenabfrage, allgegenwärtige Videoüberwachung, Späh- und Lauschangriffe und Rasterfahndung". Die "vermeintliche Anti-Terrorgesetzgebung" der vergangenen 15 Jahre will sie "auf den bürgerrechtlichen Prüfstand" stellen.

Geheimdienste sind für die Linke "Fremdkörper in einer Demokratie". Sie agierten mit zweifelhaften Mitteln wie der massenhaften Überwachung des Internetverkehrs und dem Einsatz von V-Leuten. Nicht zuletzt der NSU-Skandal, aber auch die aufgedeckten Praktiken von NSA und BND zeigten, dass Geheimdienste sich weder kontrollieren ließen noch zur Aufklärung von Affären beitrügen. Durch ihre Intransparenz und den Vorrang des Schutzes von Informanten behinderten sie polizeiliche Ermittlungen und juristische Aufklärung. Die klare Forderung lautet daher: "Deshalb wollen wir den Verfassungsschutz und perspektivisch alle Geheimdienste abschaffen."

Den Kürzungen im öffentlichen Dienst seien auch 18.000 Stellen bei der Polizei zum Opfer gefallen, kritisiert die Linke. Sie will daher "Personalmangel" bei den Ermittlungsbehörden beseitigen. Die Polizei müsse zudem reformiert werden unter Gesichtspunkten wie der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, der Gefahrenabwehr und der erhöhten Verfügbarkeit für Bürger. Eine bürgernahe Staatsmacht müsse die Rechte etwa von Migranten und linken Demonstrierenden schützen, im Stadtbild präsent und damit ansprechbar sowie auch in sozialen Netzwerken vor verbalen Angriffen, Hetze und Rufmord schützen. Die parlamentarischen Kontrollbefugnisse gegenüber den Sicherheitsbehörden seien deutlich zu erweitern.

Im Internet will sich die Partei gegen "jede Sperr- und Überwachungsinfrastruktur" stemmen, da das Netz ein freier gesellschaftlicher Diskursraum sein müsse. "Wir wehren uns gegen staatliche Kontroll- und Zensurzugriffe genauso wie gegen ökonomische", lautet die Ansage. "Netzsperren und Haftungsverschärfungen für Provider und Verbote, auf andere Webseiten zu verlinken, lehnen wir ab."

Im Bereich der zivilen Cybersicherheit haben Bundeswehr und Geheimdienste nach Ansicht der Linken "nichts zu suchen". Stattdessen wollen sie die Unabhängigkeit des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) stärken und dessen Beratungs- und Hilfsangebote ausbauen. Überwachungstechnologien dürften nicht exportiert werden, "das verfassungswidrige BND-Überwachungsgesetz" soll aufgehoben werden.

Ökonomische und politische Interessen von Unternehmen und staatlichen Behörden gefährden laut dem Programm den Datenschutz, da Firmen personenbezogene Informationen "unbegrenzt sammeln und verwerten" wollten. Für die Linke gilt dagegen die Maxime: "Jeder Verbraucher muss das Recht darauf haben, selbst zu bestimmen, was mit seinen Daten geschieht, ohne benachteiligt zu werden." Konsumenten müssten daher etwa beim Einkauf im Internet um Zustimmung gebeten werden, wenn Informationen über sie erfasst werden. Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen, sollen "konsequent sanktioniert", Datenschutzbeauftragte gestärkt werden.