Vor der Bundestagswahl 2017: Programm und Positionen von CDU/CSU

Seite 2: Sicherheit im Vordergrund

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CDU und CSU präsentieren sich generell gern als Garanten für Sicherheit. Das Wort taucht in dem Programm 58 Mal auf, Freiheit dagegen nur 21 Mal. "Für einen starken Staat" setzen sich die christlichen Parteien ein, geloben, die Sicherheit zu erhöhen und "Verbrechen und Terror zu bekämpfen". Unmissverständlich macht die Union klar: "Rechtsfreie Räume dulden wir nicht."

In den vergangenen vier Jahren der großen Koalition haben CDU und CSU bereits zahlreiche Dauerbaustellen abgeräumt und ein Überwachungsprojekt nach dem anderen verwirklicht. Viel Raum für Verschärfungen bleibt daher kaum noch im rechtsstaatlichen Bereich, viele neue konkrete Forderungen finden sich daher nicht mehr in dem Programm. Vielmehr resümieren die Schwesternparteien, dass sie mit "hartnäckigem Insistieren" die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt und gleich auf Wohnungseinbruch ausgedehnt, mit "Anti-Terror-Paketen" die Sicherheitsbehörden gestärkt und mit einem ersten IT-Sicherheitsgesetz "den Schutz vor Cyber-Attacken deutlich verbessert" hätten.

Was bleibt noch übrig? Die Union will "ein gemeinsames Musterpolizeigesetz für alle Bundesländer erarbeiten", damit es hierzulande "keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit" beziehungsweise Überwachung mehr gibt. "Vernetzung und gemeinsame Nutzung modernster Technik" sind ihre Antwort auf "neue Herausforderungen" bei der Terror- und Verbrechensbekämpfung. Nach kräftigem Personalabbau in den vergangenen Jahren soll de Zahl der Polizisten in Bund und Ländern um 15.000 erhöht werden, was sich die SPD ebenfalls auf die Fahnen geschrieben hat.

Nachdem der Bundestag unter Schwarz-Rot die Möglichkeiten zur Videoüberwachung an öffentlichen Orten wie in Einkaufszentren, vor Fußballstadien und an Verkehrsknotenpunkten bereits deutlich erweitert hat, wollen CDU und CSU dort "den Einsatz intelligenter Videotechnik auch zu Fahndungszwecken verstärken und eine Mindestspeicherfrist für die Daten", also eine weitere, zeitlich nicht näher umrissene Vorratsdatenspeicherung einführen. Zudem soll der "Fahndungsdruck in der Drogen- und Straßenkriminalität" erhöht, die Fahndung mit Gendaten ausgebaut und der Zugang der Sicherheitsbehörden zu vorhandenen Datenbanken erleichtert werden. Dazu ist ein "Datengesetz" geplant, das wohl das Informationsinteresse der Sicherheitsbehörden als auch "berechtigte" Belange der Privatsphäre der Betroffenen regeln soll.

CDU und CSU bekennen sich zudem in Zeiten terroristischer Bedrohungen "klar zum Bundesnachrichtendienst" (BND), dessen Befugnisse die große Koalition im Nachgang der Snowden-Affäre schon umfangreich ausgedehnt hat. Die Zusammenarbeit des Auslandsgeheimdienstes mit Partnern weltweit sei unbefangen des NSA-Skandals unerlässlich. Die Konservativen wollen auch die Schleierfahndung in ganz Deutschland ermöglichen und zum noch besseren Schutz vor Cyber-Attacken in Technik investieren sowie "ausreichend Fachleute" dafür einstellen.

Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist für CDU und CSU traditionell kein Leib- und Magenthema. Viel zu lesen gibt es daher dazu auch im aktuellen Wahlprogramm nicht, noch weniger als im vorausgegangenen, da mit den neuen einschlägigen EU-Vorgaben vieles erledigt zu sein scheint. "Durch die Digitalisierung fallen in großem Maßstab Daten an, deren Verarbeitung zu mehr Wertschöpfung beitragen kann", heißt es kurz und knapp auf den 75 Seiten. Das neue digitale Öl sei "der Rohstoff der Zukunft".

Wie im Bereich Sicherheit kommt die Union auch bei der Informationswirtschaft auf das angestrebte "Datengesetz" zu sprechen. Diesmal mit dem leicht veränderten Zusatz: "Dieses soll den generellen Zugang zu Daten für wirtschaftliche Zwecke ebenso regeln wie Befugnisse der Sicherheitsbehörden und berechtigte Datenschutzinteressen" der Bürger.

Den Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Stiftung Warentest will das Parteienduo "weiter finanzieren und unterstützen". Für die unter Schwarz-Gelb eingerichtete, aber nie mit größeren Mitteln ausgestattete Stiftung Datenschutz fehlt eine vergleichbare Zusage.

Datenhungrige Internetgrößen aus dem Silicon Valley werden ebenfalls nicht direkt erwähnt. Die Union will aber allgemein sicherstellen, dass zwischen Online-Plattformen "ein fairer und offener Wettbewerb zum Wohle des Verbrauchers möglich ist. Dazu gehöre die Möglichkeit, seine persönlichen Daten zwischen unterschiedlichen Portalen transferieren zu können. Dies ist in der EU-Datenschutzverordnung aber schon vorgeschrieben.

Das Programm bleibt hier vage bis leer. "Freie und starke Medien sind ein zentrales Element unserer freiheitlichen demokratischen Ordnung", lautet das Grundverständnis. "Ihre Vielfalt und Unabhängigkeit wollen wir durch geeignete Rahmenbedingungen auch in Zukunft gewährleisten. Dazu gehören faire Wettbewerbsbedingungen und Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Medien genauso wie Angebote zur Stärkung der Medienkompetenz". Alle Generationen sollten kompetent mit den "gängigen Medien" umgehen können, Kinder bereits in der Schule fächerübergreifend entsprechend unterrichtet und mit den "sogenannten Social Media" vertraut gemacht werden.

Die Union bekennt sich "zur gewachsenen dualen Medienordnung von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk". Sie will die Deutsche Welle als Auslandssender stärken und "für eine auskömmliche Aufgabenfinanzierung sorgen". Zur Debatte über eine längere Verweildauer von TV-Produktionen von ARD und ZDF in Mediatheken findet sich nichts in der Agenda. Das Filmschaffen soll weiter gefördert werden, da cineastische Werke "wertvoll als Wirtschaftsprodukt und als Kulturgut" seien. Das gelte auch für Computerspiele. Die Entwicklung des E-Sports wollen CDU und CSU "positiv begleiten und für geeignete Rahmenbedingungen sorgen".

Der Begriff Urheberrecht taucht im gesamten Fahrplan nicht auf, genauso wenig wie das bislang von CDU/CSU mit durchgesetzte Leistungsschutzrecht oder Patente. In Punkto Copyright setzt die Union so offenbar vor allem auf die laufende EU-Reform.