Vorstellung: BMW 1er F40

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Die Pressemappe bemüht sich, diesen Verdacht auszuräumen und verweist unter anderem auf automatische Radschlupfbegrenzung (ARB), die serienmäßig das peinliche Vorderhufscharren beim 1er verhindern soll. Schöner ausgedrückt: Das frontantriebstypische Leistungsuntersteuern soll deutlich reduziert werden. Diese Regelung wurde für den i3s erfunden. Der hat zwar Heckantrieb und vergleichsweise überschaubare 270 Nm Drehmoment. Die kommen aber mit einer Spontaneität und Welle, die auch die Hinterräder überfordern kann.Das Neuartige an dieser Radschlupfbegrenzung ist, dass die Schlupfregelung direkt im Motorsteuergerät stattfindet. Das führt zusammen mit anderen Komponenten dazu, dass das System bis zu zehn mal schneller reagiert als über das Stabilitätsprogramm.

Eine weitere serienmäßige Komponente zur Verschleierung der Frontantriebsschwächen ist die sogenannte BMW Performance Control. Dahinter verbirgt sich eine Giermomentenverteilung durch gezieltes Abbremsen der kurveninneren Räder schon vor Erreichen des Grenzbereichs. Damit soll das Eigenlenkverhalten in Kurven noch neutraler werden. Wir sind gespannt, ob ein solcherart eingebremster Frontantrieb genauso viel Freude am Fahren vermittelt wie ein optimierter Standardantrieb. Ganz nebenbei macht sich der Frontantrieb beim Wendekreis bemerkbar, der beim Neuen einen halben Meter größer ausfällt.

Auch BMW hat hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Frontantriebs offenbar Zweifel und bietet die 1er Topmodelle 120d und M135i nur noch als xDrive-Varianten an. Wobei xDrive hier, wie wir bei den technisch identischen John-Cooper-Works-Varianten von Mini Club- und Countryman beschrieben haben, ein vergleichsweise einfacher Hang-on-Allradantrieb ist, der bei Schlupf an der Vorderachse die Hinterachse „anhängt“. Mit dem technischen Niveau des heckbetonten xDrive mit elektronisch gesteuertem Verteilergeriebe ist das nicht vergleichbar.

Die Motoren-Getriebekombinationen des neuen 1ers werden der neuen Antriebsarchitektur angepasst. Das bedeutet zusammenfassend, dass die Drei- und Vierzylindermotoren neue Getriebe erhalten und der Reihensechszylinder des Topmodells durch einen Vierzylinder-Biturbo ersetzt wird. Zum Marktstart kommt der 118i, dessen Dreizylinder moderat auf 140 PS gebracht wurde, als einziger „normaler“ Benziner. Er beschleunigt genauso schnell auf 100 km/h wie sein standardgetriebener Vorgänger, verbraucht aber mit 5,0 bis 5,7 Litern nach Werksangabe im Zyklus 0,6 Liter weniger als der „alte“ 1er.

Als neue Getriebeoption zum serienmäßigen Sechsgang-Schaltgetriebe kann er mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe bestellt werden. Die ZF-Achtgangautomatik passt ja nicht mehr. Das kann zumindest keinen Fortschritt bedeuten, da die ZF-Wandler-Automatik zum Besten gehört, was es im Moment auf dem Getriebemarkt gibt. Doppelkupplungsgetriebe in der Kompaktklasse enttäuschen dagegen meist mit ruppigen Gangwechseln. Sie haben aber auch den unbestreitbaren Vorteil - für den Hersteller, dass sie deutlich weniger kosten.

Der neue Topeinser M135i xDrive steht auf demselben Antriebsstrang wie die großen John-Cooper-Works-Minis. Das bedeutet 306 PS, 450 Nm, Aisin-Achtgangwandlerautomatik und Hang-on-Allrad. Er beschleunigt in 4,8 s auf 100 km/h und braucht im Zyklus 6,8 bis 7,1 Liter. Der Vorgänger M140i (Test) mit Sechszylinder und Standardantrieb lag mit 4,6 s und 7,4 Litern bei den nüchternen Werten auf einem ähnlichen Niveau, dürfte im Kapitel Antriebskultur aber in einer Liga gespielt haben, in der der Neue keine Chance hätte.

Die drei Dieselmotoren sind auch schon vom Vorgänger bekannt. Der Dreizylinder im 116d mit 116 PS wird wahlweise mit dem Siebengangdoppelkupplungsgetriebe geliefert. Er beschleunigt mit DKG in 10,1 s auf 100 km/h und verbraucht im Zyklus 3,8 bis 4,2 Liter. Die stärkeren Diesel 118d und 120d xDrive haben beide den gleichen Zweiliter-Vierzylinder in zwei Leistungsstufen mit 150 und 190 PS. Sie sind beide mit einer Achtgang-Wandlerautomatik kombiniert, der 120d xDrive sogar serienmäßig. Sie beschleunigen in 8,4 s (118d Automatik) bzw. 7,0 s auf 100 km/h und brauchen im Zyklus 4,1 bis 4,4 bzw. 4,5 bis 4,7 Liter.

Fragwürdigerweise erfüllen alle neuen 1er nur die bereits im Januar 2021 hinfällige Abgasnorm Euro 6d-Temp, so dass die frischgebackenen 1er-Kunden schon Ende nächsten Jahres ein Altfahrzeug bewegen werden, dass so nicht mehr zulassungsfähig wäre. Einzige Ausnahme ist der kleine Dreizylinderdiesel 116d. Nur er erfüllt schon jetzt die Euro 6d. Die neuen 1er sind im Durchschnitt deutlich windschlüpfriger als ihre Vorgänger. So hat der 118i einen cW-Wert von 0,26 während der des Vorgängers mit 0,31 deutlich höher lag. Nur beim Topmodell M135i xDrive ist der cW-Wert mit 0,34 exakt genauso hoch wie beim abgelösten M140i. Durchschnittlich sind alle neuen 1er um 15 kg leichter als ihre Vorgänger.

Zu den Preisen für den neuen 1er war bei Redaktionsschluss noch nichts zu erfahren. Es ist aber davon auszugehen, dass sie sich an den Preisen des Vorgängers orientieren. Wir erwarten höchstens moderate Aufschläge. Der fünftürige 1er-Vorgänger F20 kostete als 118i laut Liste minimal 27.150 und als 120d xDrive 38.600 Euro. Teuerster 1er war bisher der M140i xDrive mit Reihensechszylinder der fünftürig mindestens 50.550 Euro kostete. Diese Preise beziehen sich auf die nackten Grundausstattungen, bei denen es vermutlich niemals bleiben wird. Auch in Zukunft wird man wohl 35.000 Euro für einen halbwegs ordentlichen 1er ausgeben müssen. Die weltweite Markteinführung findet am 28. September 2019 statt. Dann beginnt der Standardvertrieb in der Kompaktklasse, die uns etwas ärmer erscheint.